Gedenkstein 100 Jahre Gottscheer Landsmannschaft in Wien, enthüllt Ende Juli 1991 unweit der Büste des Gottscheers Josef Kollmann (1868–1951), Baden bei Wien.
Foto: Wikimedia Commons/KarlGruber/CC BY-SA 3.0

Gottschee: Lebendige Erinnerung

Spurensuche nach einer deutschen Sprachinsel in der Krain

„Die Gottschee“ bezeichnet ein deutschsprachiges Gebiet, benannt nach der gleichnamigen Stadt im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Krain, heute ein Teil Sloweniens. Bis zu ihrer Umsiedelung im Jahr 1941 lebten die Einwohner größtenteils von der Landwirtschaft und als fahrende Händler und sprachen eine althergebrachte oberdeutsche Mundart: „Gottscheerisch“.

Ein Beitrag von Christoph Bathelt, M.A.

Die Gottschee ist heute den meisten wohl nur noch als historischer Begriff bekannt. Dabei ist das Kulturleben der Gottscheer Nachkommen im Ausland durchaus aktiv und lebendig. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts wurden von den Grafen von Ortenburg Bauern aus Kärnten und Osttirol zur Urbarmachung angesiedelt. 1457 kam die Gottschee an die Habsburger, unter denen sie erblühte – 1471 wurde sie bereits durch Friedrich III. zur Stadt erhoben. In einem bis 1918 gültigen Patent gestand Friedrich außerdem den Bürgern ein „Hausiererrecht“ zu, das der Beginn des weitverzweigten Handels mit Leintüchern, Holzprodukten u.ä. wurde und die Gottscheer Erzeugnisse berühmt machte.

Eigentum der Auersperger

In den folgenden Jahren wechselten wieder die Herrschaften, bis die Gottschee 1641 an die Grafen von Auersperg kam, deren Eigentum sie bis zum Ende der Monarchie blieb. 1791 wurde das Territorium zum Herzogtum erhoben und Karl Josef Anton von Auersperg zum Herzog. Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Zahl der Gottscheer mit 26.000 Menschen ihren historischen Höhepunkt erreicht, aber bereits da mußten viele aus wirtschaftlichen Gründen auswandern, u.a. in die USA. Als nach dem Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie das Land Teil des Königreichs Jugoslawien wurde, kam zum wirtschaftlichen auch großer politischer Druck hinzu, sodaß 1941 nur noch weniger als die Hälfte, also 12.500 Deutsche dort lebten. Die Jugoslawen verboten deutsche Ortsnamen und machten deutschsprachigen Unterricht in Schulen praktisch unmöglich. Nach Enteignungen und Ausgrenzungen kam es zu einem wirtschaftlichen Niedergang.
Mit dem Zweiten Weltkrieg kamen für die Gottscheer noch schlimmere Zeiten: Nachdem das Gebiet im siegreichen Verlauf des Balkanfeldzuges von den Italienern besetzt und zur „Provinz Laibach“ erklärt worden war, sollten die deutschstämmigen Bewohner nach dem Vorbild der Südtiroler und Kanaltaler ausgesiedelt werden.

Umsiedelung der Gottscheer 1941

Am 1. Oktober 1941 trat der Vertrag zur Umsiedelung der Gottscheer in das Großdeutsche Reich in Kraft.
Während die verlassenen Grundstücke an die Italiener gehen sollten, war für die Abgesiedelten das sogenannte „Rann-Dreieck“ in der Untersteiermark vorgesehen, wie auch für andere Volksdeutsche aus Bessarabien und der Dobrudscha. Vorher waren von dort 36.000 Slowenen vertrieben worden, nur rund 5.000 Menschen, darunter 600 Deutsche, blieben im angestammten Land zurück. Im weiteren Verlauf des Krieges gerieten sie dann zwischen alle Fronten – Italiener/Deutsche/Partisanen. Nach dem Krieg wurden die meisten erneut vertrieben, viele starben in Internierungslagern.

Nur wenige blieben übrig

Selbst die, welche sich den Partisanen angeschlossen hatten, durften nicht mehr in ihre Heimat zurück. Die Zahl der bei Kriegsende in der Heimat verbliebenen Gottscheer ist schwer ermittelbar. Der jugoslawische Geheimdienst zählte 110 Deutsche in diesem Gebiet – eine Zahl, welche die in dieser Zeit von dort vertriebenen Gottscheer nicht einschloß –, jedoch ist davon auszugehen, daß sich kaum jemand freiwillig als Gottscheer Deutscher bekannte. Insgesamt blieben nur etwa tausend Gottscheer in Slowenien zurück, davon nur wenige hundert im Gottscheer Land. Die Gottscheer Mundart ist fast vollständig verschwunden, und die wenigsten Menschen bezeichnen sich selbst noch als „Deutsche“ oder „Gottscheer“. Organisiert sind sie im „Verband der Kulturvereine der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien“ und im „Dachverband der Gottscheer Organisationen“. Bis heute ist das Bekenntnis zur Gottscheer Herkunft und Kultur in der Region bisweilen mit Diskriminierungen verbunden, und vereinzelte private zweisprachige Tafeln sind das Ziel von Sachbeschädigungen. Im Gegensatz dazu sind die Verbände der Gottscheer in den Vereinigten Staaten sehr lebendig und in der Jugendarbeit sehr aktiv wie z.B. die Gottscheer Relief Association Inc. oder die Gottscheer Central Holding Corporation.

Deutsche in Slowenien bis heute rechtlos

Slowenien weigert sich im Gegensatz zu Kroatien, den ethnischen Deutschen den Minderheitenschutz gemäß der Kopenhagener KSZE-Konferenz von 1990 zu gewähren und verstößt damit gegen Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarats und den Teil II der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Es gibt keine besondere finanzielle oder anderweitige Unterstützung, keinen deutschsprachigen oder zweisprachigen Unterricht, den es z.B. für Italiener und Ungarn gibt, und im Radio oder Fernsehen ist die deutsche Sprache nicht vertreten.
2013 besuchten der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer und 2019 Alexander van der Bellen Slowenien im Rahmen eines Staatsbesuchs und kamen dabei auch mit Mitgliedern der deutschen Minderheit zusammen.

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