Am Traunsee liegt einer der reizvollsten Plätze Österreichs
Nachdem wir uns wegen der Corona-Pandemie so lange brav zu Hause isoliert haben, wollen wir jetzt aber wieder einmal hinaus. Wir wäre es mit einem Ausflug an den Traunsee, nach Traunkirchen, dessen Kloster heuer schon seit 1.000 Jahren besteht?
Ein Lokalaugenschein von Kurt Guggenbichler
„Ist das nicht zauberhaft!“, schwärmte die ältere Dame zu ihrem Begleiter auf dem Seeparkplatz in Traunkirchen. Dort stand das Paar beeindruckt im Schatten des schroff aus dem See ragenden Johannesfelsens mit der Kapelle und war hingerissen von dem pittoresken Anblick. Hier ließe es sich aushalten, meinte auch der Mann. Der Aussprache nach zu schließen handelte es sich bei dem Paar um Norddeutsche. Besucher, heißt es in einer Broschüre des Tourismusverbandes, brauchen meist nicht lange, um sich in diesen zauberhaften Ort zu verlieben. Der Verfasser dieses Textes ist niemand geringerer als der Schriftsteller Alfred Komarek, der aber nur zu Papier brachte, was die Bevölkerung von Traunkirchen schon seit Jahrhunderten beobachtet und erlebt hatte.
Seit Jahrtausenden besiedelt
Vom ungefährlichen Traunkirchen-Virus werden arme und reiche Menschen gleichermaßen infiziert. Dem Reiz dieses alten Ortes, der schon seit 3.500 Jahren besiedelt ist, vermag kaum jemand nicht zu erliegen, stellte seinerzeit schon der Volksbildner und Heimatforscher Ferdinand Mittendorfer fest. „Neapel sehen und sterben“ sei ein gängiges Wort, erklärte er, den man seiner Ansicht nach aber auch anders interpretieren könnte: „Traunkirchen sehen und hier leben.“ So erging es in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch der russischen Gräfin Pantschoulidzeff. Die Adelige sei nicht schön gewesen, aber klug und von edlem Gemüt, heißt es. Als sie während einer Europareise nach Traunkirchen kam, glaubte sie eine Landschaft zu erblicken, die ihr zu ihrem „wohligen Erschrecken“ aus vielen sehnsuchtsvollen Träumen recht vertraut erschien. Daraufhin winkte sie den Stararchitekten Theophil von Hansen herbei und ließ ihn hoch über dem Ort ihr neues Domizil bauen, das man heute als „Russen-Villa“ bezeichnet. Sowie ihr kleines Schlößchen stand, hielt es Pantschoulidzeff nicht mehr für nötig zu reisen, denn ihre Traumlandschaft schaute nun ohnehin jeden Tag durchs Fenster herein. So mag es vermutlich auch die bekannte österreichische Malerin Xenia Hausner, Tochter des nicht minder bekannten Malers Rudolf Hausner, empfinden. Denn für sie ist Traunkirchen einer der „schönsten Orte der Welt“.
Kloster an einem Kraftplatz
Ihr Lieblingsplatz dort ist „ein Bankerl unterhalb des Klosters Traunkirchen“ und „direkt am Seeufer.“ Das Kloster dürfte vermutlich schon um 900 herum gegründet und dann in mehreren Etappen und über mehrere Epochen hinweg erbaut worden sein. Doch mit seiner Lage am Fuße des Johannesberges liegt es an einem bedeutenden Kraftplatz, was dieser schon in der Bronzezeit und auch davor war. Wegen seines Bestandes an Eiben, die in der Mythologie als heilige Bäume galten, wurde dieser Kalkfelsen – der in vielen Legenden auch Odin-Stein genannt wird – zum Naturdenkmal. An den Stammtischen in den Gasthäusern der Region erzählt man sich, daß einmal ein Götzentempel auf dem Johannesberg stand, der Baal geweiht war. Für das historische Christentum war Baal ein Dämon.
Sagenhafte Erzählungen umranken Sonnstein und Teufelsgraben
Als schließlich auch Traunkirchen ins Visier der christlichen Bekehrer geriet, nahm Baal Reißaus. Er flüchtete auf den Sonnstein, so die Legende, von wo man ihn aber ebenfalls vertrieb. Als er keinen Ausweg mehr sah, stürzte er sich in den See und nahm dabei einen Teil des Berges mit – der Riß ist der Teufelsgraben. Die frommen Stifter des Klosters hätten sich nach dem Dämonensturz sehr beeilt, eine Kapelle auf dem Platz des zerstörten Tempels zu errichten. Daß dieser auf dem Boden einer früheren heidnischen Kultstätte steht, findet in der Inschrift oberhalb des Portals der Kapelle keine Erwähnung. Vielmehr schreibt man dort von einem Schlupfwinkel heidnischer Seeräuber. Tatsächlich ist Traunkirchen schon in prähistorischer Zeit ein bedeutender Umschlagplatz für Salz aus Hallstatt gewesen, weiß Manfred Schindlbauer, der Obmann des Vereins Archekult. Eigentlich hätte heuer im April das 1.000-Jahre-Jubiläum des Klosters begangen werden sollen. Doch „Corona“ hat diese Feier vereitelt.
