„Schmackostern“ mit Rutenhieben

von Reinhild Bauer

Brauchtum (29)

In Schlesien und Ostpreußen war man früher nicht zimperlich. Das wichtigste Utensil des alten Brauches Schmackostern ist eine Rute aus jungen Weiden- oder Birkenzweigen, mit welcher die Mitmenschen nicht nur symbolisch geschlagen wurden. Alte Fruchtbarkeitsrituale der Germanen sollen die Grundlage dafür gewesen sein. Mit den Lebensruten, heute auch Osterruten genannt, wurden die Wintergeister vertrieben, und die jungen Zweige sollten Fruchtbarkeit und Segen für die Ernte bringen.

Kaum ein Brauch zeigt sich mit so vielen verschiedenen Erscheinungsformen. Unter dem gleichen Namen laufen unterschiedliche Riten und einige als verwandt geltende Traditionen.
Das Schlagen mit den Lebensruten, welches in den Ostertagen stattfindet, stellt das Grundelement und die Gemeinsamkeit aller regionalen Ausprägungen dar. Wenn es gelingt, dem „Schmackosterer“ die Rute abzunehmen, so darf der Geschlagene die Schläge erwidern.

Unsanftes Wecken

Mancherorts liefen die Kinder mit den Ruten am Ostermontag von Haus zu Haus und weckten alle Langschläfer mit Schlägen auf die Füße. Dabei riefen sie „Oster, schmackoster, bunt Oster, fier Eier, Stück Speck, vom Koke de Eck, eh’r goh wi nicht weg!“ und erheischten sich damit Osterleckerbissen. Die Geschlagenen ihrerseits konnten sich über durch die Rutenschläge frisch geweckte Lebensgeister freuen – oder sich durch Leckereien freikaufen, falls es zu viel werden sollte, wodurch das Schmackostern auch Elemente eines Heischebrauches aufweist. Diese Version soll allerdings schon jüngeren Datums sein. Früher wurde der Brauch am Ostersonntag unmittelbar nach dem Osterwasserholen durchgeführt und hatte nur zum Ziel, Fruchtbarkeit und Lebensgeister zu wecken, ohne dabei Gaben zu erhalten.

Andere Erlebnisberichte wiederum schildern, daß Schmackostern nur allgemein zu Ostern stattfand und der Annäherung zwischen jungen Erwachsenen gedient habe. Dafür wurden junge Mädchen von Burschen an den Beinen geschmackostert, was ersteren Gesundheit, Schönheit und Fruchtbarkeit bringen sollte.

Auf verschlungenen Pfaden fand diese Tradition auch nach Mittel- und Westdeutschland, wo sie bis heute noch vereinzelt gepflegt wird – allerdings nur als Anlaß, sich gegenseitig zu beschenken, ohne dabei die Rute zu schwingen. In seiner ursprünglichen Form findet sich Schmackostern heute noch in Polen, Tschechien und der Slowakei. Dort ist es im slawischen Volkstum integriert. Verwandte Bräuche sind das Stiepen in Pommern, das Stiepern in Norddeutschland und das Osterstüpen in Brandenburg.

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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