Gespräch mit einem Zipser „Urgestein“
Wolfgang Steffanides: Wie ist ihre persönliche Verbindung zur Zips?
Maria Recktenwald: Die Zips ist meine Heimat. Ich bin Zipserdeutsche, wurde in Hopgarten in der Oberzips geboren und war hier bis zu meiner Pensionierung Grundschullehrerin und Direktorin der Grundschule mit Kindergarten.
Wie hat sich das Leben durch das Ende des Kommunismus’ in Hopgarten geändert?
Nach dem unseligen Zweiten Weltkrieg wurden wir unserer Identität, unserer Sprache und unserer deutschen Sitten und Bräuche beraubt. Nach der sogenannten Wende 1989 und nachdem uns eine ganze Generation Deutschtum verlorengegangen ist, konnten wir uns wieder zu uns selbst bekennen. Man konnte sich in der Öffentlichkeit wieder in der Muttersprache unterhalten, es wurden Messen in deutscher Sprache gelesen, Chöre gegründet, Kulturfeste veranstaltet, und in den Schulen konnte wieder Deutsch unterrichtet werden. Mir persönlich ist es dann gelungen, 1996 für die Schule in Hopgarten den Status „Grundschule mit Kindergarten mit Muttersprache Deutsch“ zu erreichen. Ich war Mitautorin des Lehrbuches Hallo, da bin ich! und des Deutsch-Englisch-Slowakisch-Bilderwörterbuches für die Klassen 1 bis 4 an den Grundschulen.
Wie ist heute Ihre Einbindung in das deutsche Leben in Hopgarten, in der Zips und in der Slowakei insgesamt?
Ich lebe in Hopgarten, engagiere mich weiter für die Erhaltung unserer Muttersprache in der Region und in der Ortsgruppe Hopgarten des Karpatendeutschen Vereins (KDV). Indem wir Poesie, Prosa, Lieder, Tänze, Bräuche und Sitten pflegen, können wir die Muttersprache bewahren, der jungen Generation weitergeben und so einen wichtigen Beitrag zur Rettung und Erhaltung unserer deutschen Muttersprache leisten. Wir arbeiten in allen fünf Regionen des KDV in der Slowakei sehr eng zusammen. Unsere regionalen Oberzipser „Tage der deutschen Kultur“, jeweils am ersten Juniwochenende, eröffnen nun schon seit drei Jahrzehnten den Reigen der fünf Regionalfeste des KDV und sind auch weit über die Grenzen hinaus im Ausland bekannt. Ich lebe in der Slowakei, im Herzen bin ich Deutsche, und ich bin stolz auf meine Muttersprache, die ich immer bewahren werde.
Wie ist das Verhältnis zur Österreichischen Landsmannschaft, zur österreichischen Botschaft und zu anderen österreichischen Institutionen?
Das Verhältnis zur ÖLM ist sehr gut. Über den ECKART sind wir über deren Tätigkeit gut informiert und arbeiten seit der Wende sehr eng zusammen, konkret mit Ihnen, Dr. Steffanides, der Sie mittlerweile ja auch Ehrenbürger von Hopgarten sind. Sie konnten für unsere Schule, die davor in sehr schlechtem Zustand war, Gelder und Sachspenden der ÖLM vermitteln. Auch der Kärntner Heimatdienst unter seinem Obmann Dr. Josef Feldner hat der Schule damals sehr geholfen. Weiterhin unterstützt die ÖLM ganz wesentlich sowohl unsere „Tage der deutschen Kultur“ als auch Sprachkinderlager, die in den Sommerferien in der Nähe stattfinden. Die österreichische Botschaft sprechen wir jedes Jahr mit der Einladung zu den „Tagen der deutschen Kultur“ an und hoffen, daß deren Vertreter einmal den Weg zu uns nach Hopgarten finden werden. Das Soziale Friedenswerk Innsbruck hilft unseren bedürftigen Kindern jährlich mit „Christkindlbriefen“, mit denen Wünsche der Kinder erfüllt werden. Auch Burschenschaften und andere Korporationen, aber auch Pensionistengruppen und Einzelbesucher finden zu uns.
Wie hat sich die Zahl der Zipserdeutschen entwickelt, die im Alltag Deutsch sprechen – und deren Sprachniveau?
Insgesamt doch sinkend – die Jahrzehnte der Verbote wirken, natürlich wirkt auch die Vertreibung von 1945 nach; und seit der Wende wirkt sich die Arbeitsmigration stark aus, die immer wieder zu Übersiedlungen ins Ausland führt.
Was sind die größten Schwierigkeiten, denen sich die Zipser Deutschen heute bei der Erhaltung ihres Volkstums gegenübersehen?
Der Englischunterricht als erste Pflichtfremdsprache an den Grundschulen. Wir müssen auch dafür kämpfen, daß die Eltern wieder anfangen, mit ihren Kindern unseren deutschen Dialekt zu sprechen. Sind sich die jungen Zipserdeutschen, abgesehen von der Sprache, ihrer besonderen Geschichte und Kultur, ihrer Identität insgesamt noch bewußt? Es ist wie in anderen deutschen Gebieten auch: Die Massenmedien folgen einem Zeitgeist, dem sehr viele Eltern und Kinder erliegen. Es gibt aber, langsam wachsend, eine gute Gegenbewegung.
Welche Art Unterstützung von außen wäre für die Zipser Deutschen die wichtigste?
Die finanzielle Unterstützung der Kulturfeste, außerdem von Wettbewerben in Prosa und Poesie, der Jugendtage u.v.m. sind sehr wichtig, damit das In- und Ausland wahrnimmt, daß unsere Minderheit lebt, daß wir unsere Muttersprache pflegen und nie vergessen werden.