Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Donauschwäbische Kerweih

von Reinhild Bauer

Brauchtum (17)

Die Kerweih der Donauschwaben war der Höhepunkt der Jahresfeste und fand im Herbst nach der Ernte statt. In jedem Dorf gab es hierfür einen anderen Termin, da dieser abhängig vom Weihetag der örtlichen Kirche war. Alle jedoch fanden statt, nachdem die Hauptarbeit der Bauern getan war und das Volk Zeit für Feste hatte. Sie dauerten immer mehrere Tage und zogen aus allen Nachbargemeinden Besucher an.

Das Essen umrahmte das ganze Fest und galt als besonders wichtiges Element, der Kerweihkuchen als die Spezialität, während ansonsten üppige Fleischgerichte und geistige Getränke auf dem Speiseplan standen. Zentrale Bräuche der donauschwäbischen Kerweih waren Trachtenumzüge, ausgelassenes Tanzen um den Kerweihbaum und ein „Vergnügungspark“. Dieser fand damals freilich ohne blinkende elektrische Fahrgeschäfte statt, an ihrer Stelle gab es Streichelzoos mit exotischen Tieren, Eselkarusselle und dergleichen.

Diese Bräuche wurden einstmals von Deutschen aus Franken, der Pfalz, Elsaß-Lothringen und dem heutigen Baden-Württemberg in die Donauregionen Ungarns, Rumäniens und Jugoslawiens getragen und im Laufe von 300 Jahren dort weiterentwickelt und überliefert. Mit der Vertreibung und der Flucht der Donauschwaben nach dem Zweiten Weltkrieg kamen sie wieder zurück nach Deutschland. Heute wird die Kerweih immer noch rege von den Brauchtums- und Gedenkvereinen der Donauschwaben gefeiert. In liebevoller Erinnerung gedenken sie so ihrer verlorenen Heimat. Daher wissen wir auch heute noch sehr genau, wie dieses Fest traditionell begangen wurde. Besonders in Schwaben in Baden-Württemberg haben sich viele der einstmaligen Donauschwaben niedergelassen und kämpfen in ihren Vereinen um das Überleben ihres Brauchtums. Nicht zuletzt deshalb hat sich auch bis heute ein großes Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl dieser Volksgruppe erhalten. Die Kerweih Albstadt, vom dortigen Verein der Donauschwaben veranstaltet, verdient besondere Erwähnung, da sie in ihrer Größe und Imposanz einzigartig ist und jedes Jahr zahlreiche Besucher anzieht.

Auch unter den noch im Osten lebenden Donauschwaben wird das eigene Brauchtum nach wie vor gepflegt. Durch deren relativ geringe Zahl und das fortgeschrittene Alter vieler der noch bewußten Deutschen ist es in seinen Ursprungsregionen jedoch vom Aussterben bedroht. Die Nachkommen lernen oft kaum noch Deutsch und noch weniger, die deutschen Bräuche zu pflegen.

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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