Darf man mit der CDU koalieren?

Kaisers Zone (4)

von Benedikt Kaiser

In der jüngsten kaiserlichen Zone (Folge 3) ging es um zaghafte Avancen einer Thüringer CDU-Größe, die AfD nicht mehr radikal auszugrenzen. Manche Blauen glauben nun: Bröckelt die Mauer der Abgrenzung an einer einzigen Stelle, wird ein Dominoeffekt einsetzen. Die Folge wäre: Die CDU wendet sich – jedenfalls im Osten der Republik – von ihren Partnern ab und erfindet sich als „Mitte-Rechts“-Partei neu. Mit einer solchen wären AfD-Koalitionen denkbar, z.B. 2024 in Sachsen, wo die CDU-Basis abseits der Großstädte als „konservativ“ gilt.

Eine solche Orientierung birgt Risiken und Potentiale.

Risiken, weil gewisse Kräfte glauben, daß man die CDU-Annäherung beschleunigen könne, indem man eigene Positionen räumt und sich den Schwarzen programmatisch und habituell annähert. Das ist fatal: Die sächsischen Wähler wollen eine starke AfD, keine blasse CDU 2.0. In etwaigen Regierungsverhandlungen kann man seine Positionen immer noch abschwächen. Die Grünen zeigen, wie das geht.

Risiken birgt das auch, weil man sich zu stark auf die CDU konzentriert: Was denkt sie wohl über unsere Arbeit und unsere Kandidaten? Man begibt sich in eine De-facto-Abhängigkeit, ohne zu bedenken, daß die Union in 52 von 73 Jahren die BRD regierte. Sie ist hauptverantwortlich für die herrschenden Verhältnisse. Die CDU müßte zuallererst ihre Fehler erkennen und eine inhaltliche und personelle Kehre vollziehen, bevor sie für Patrioten koalitionsfähig wird.

Aber es gibt auch Potentiale. Eine geschrumpfte, politisch korrigierte CDU könnte 2024 oder 2029 Juniorpartner der AfD in Sachsen werden. Wenn es dort gelänge, eine „Wende im Kleinen“ herbeizuführen, und zwar über ein effektives Zusammenspiel der vielgestaltigen Mosaik-Rechten samt erstmaliger Koalitionspolitik, in der die AfD mit „30 Prozent plus“ den Seniorpartner mit Richtlinienkompetenz verkörpern müßte, würde das bundesweit für Zuspitzungen sorgen. Man darf also darauf hoffen, daß ein Teilerfolg im Osten auch im Westen Hoffnungsregionen mitreiße. Das würde bedeuten, daß der Osten eine „Pionierrolle beim populistischen Aufstand“ (Steffen Mau) einnähme. So weit sind wir, und so weit ist die CDU aber noch nicht. Die AfD benötigt daher: Geduld.

Über den Autor:
Benedikt Kaiser, Jg. 1987, studierte an der Technischen Universität Chemnitz im Hauptfach Politikwissenschaft. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lektor und Publizist. Kaiser schreibt u.a. für Sezession (BRD), Kommentár (Ungarn) und Tekos (Belgien); für éléments und Nouvelle École (Frankreich) ist er deutscher Korrespondent.

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