Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Wikimedia Commons, Pakeha
Fahne des Veteranenvereines des 1868 aufgelösten liechtensteinischen Militärs

Wie Liechtensteins Truppen in den Krieg zogen und zahlreicher heimkehrten

von Alain Felkel

Krieg! Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck tat so, als ob er es gar nicht fassen könne. Am 14. Juni 1866 hatte der Zwergstaat Liechtenstein in Frankfurt am Main im Bundestag mit seiner Stimme dem Antrag Österreichs beigepflichtet, gegen Preußen die Bundesexekution zu beschließen, da es in Holstein einmarschiert war. Damit war der Deutsche Bund faktisch Geschichte und die Mobilmachung des Bundesheeres gegen Preußen beschlossene Sache. Und das alles angeblich wegen Liechtenstein, einem 8.000 Seelen-Fürstentum, wie Bismarck in der Öffentlichkeit immer wieder betonte. Das Schmierentheater des preußischen Ministerpräsidenten war an Perfidie nicht zu überbieten. Seit Ende des Deutsch-Dänischen Krieges 1864 hatte Preußen systematisch auf einen Bruch mit Österreich hingearbeitet und den Krieg mit dem Kaisertum provoziert. Nach zwei Jahren des Zanks um die Herzogtümer Holstein und Schleswig waren die Preußen im Gegensatz zu den Bestimmungen der Gasteiner Konvention in Holstein einmarschiert, das 1864 nach dem Deutsch-Dänischen Krieg der österreichischen Militäradministration zugesprochen worden war. Nun also rührten in den Bundesstaaten die Marschtrommeln zu tausendfachem Schlachtentod, sangen die Soldaten im Gleichschritt blutrünstige Lieder und galoppierten schmucke Offiziere auf schweißnassen Pferderücken auf den Chausseen des waidwunden Deutschen Bundes umher, den bald die Eisenhand Moltkes wie einen morschen Baum fällen sollte.

Querelen um Liechtensteins Bündnispflicht

Gemäß ihrer Bündnisverpflichtung mobilisierten nun alle Bundesstaaten ihre Heere, vom großen Königreich bis zum Duodez-Fürstentum, so auch Liechtenstein. Doch die Kriegsbegeisterung der Liechtensteiner hielt sich in Grenzen, genauso wie die Kampfkraft ihrer Kriegerschar. Laut Bundesverfassung hatte die Mannstärke des Heeres 1% der Bevölkerung zu betragen. Da Liechtensteins Bevölkerung 1866 knapp über 8.000 Seelen zählte, bestand seine Armee ergo aus 55 aktiven Soldaten und 25 Reservisten. Das klingt wenig, war aber für Liechtenstein viel, dessen Hauptstadt Vaduz damals gerade einmal 937 Einwohner hatte.

Am 7. Juli 1866 erhielt das Bundeskontingent Liechtensteins den Marschbefehl. Das Miniheer sollte nach Tirol marschieren, dort in einen größeren Truppenverband eingegliedert werden und gegen die Italiener kämpfen. Fürst Johann II. ordnete die Umsetzung dieser Maßnahme ohne vorherige Konsultation des Landtags auch sofort an, stieß jedoch dabei auf Widerstand. Der Liechtensteiner Landtag widersetzte sich dem Bundesentscheid, worauf Johann II. den Abmarschbefehl aufhob und die Mannschaft entließ.

Beschwerlicher Marsch, gemütlicher Krieg

Doch so leicht ließen sich der Deutsche Bund und Österreich nicht abspeisen. Der Fürst wurde dezent an seine Bündnispflicht erinnert und noch einmal eindringlich ermahnt, die Liechtensteiner Schar nach Tirol zu schicken. Johann II. lenkte ein und widerrief seinen Widerruf trotz weiterer Proteste seitens des Landtages und der Bevölkerung. Nun endlich erfolgte der Abmarsch der Liechtensteiner Armee nach Italien. Die Liechtensteiner hatten Glück im Unglück. Der Zug nach Italien war eher beschwerlich als gefährlich und führte sie vom Arlbergpaß nach Bormio. Dort stießen die Liechtensteiner auf den Feind, ohne daß es zum Kampf kam. Die großen Schlachten wurden woanders geschlagen und der Krieg trotz des österreichischen Sieges bei Custozza in der Schlacht von Königgrätz entschieden. Nach sechs Wochen waren Österreich und seine Bündner geschlagen sowie die Söhne Liechtensteins auf dem Heimweg in ihr liebliches Fürstentum, das die Heimkehrer jubelnd empfing. Liechtenstein war glimpflich davon gekommen. Seine Recken waren zwar in die Ferne zum Kampf ausgezogen, kehrten aber wohlbehalten aus Italien zurück und zwar um einen Mann stärker, als sie ausgezogen waren. Wie sich später herausstellte, hatte sich ein österreichischer Offizier den Liechtensteinern angeschlossen und sie auf ihrem Heimweg nach Vaduz begleitet.

Gründung einer friedlichen Zukunft

Dennoch saß der Kriegsschrecken des Jahres 1866 tief in den Gliedern der Bevölkerung. Noch einmal wollten weder Fürst Johann noch seine Untertanen Spielball irgendeiner Großmacht werden. Als der Deutsche Bund nach der Niederlage Österreichs und seiner Bundesgenossen formell aufgelöst wurde, vermied Liechtenstein jegliche Allianz. Fürst Johann ging sogar noch weiter. Am 12. Februar 1868 unterschrieb er die Weisung, das Militärkontingent aufzulösen, seitdem ist der Kleinstaat neutral. Liechtenstein wurde nie mehr in einen Krieg hineingezogen, genauso wie die Schweiz, von der es seit 1920 konsularisch wie diplomatisch vertreten wird.

Beitrag teilen

Facebook
X
Email
Telegram
Print
WhatsApp