Medien zeichnen Zerrbild der Lage in Belarus
Es gibt derzeit kein Land in Europa, über das in den westlichen Medien so einseitig berichtet wird wie über Weißrußland (Belarus). Fast ebenso schlimm ist die Nichtberichterstattung, weil damit der Eindruck erweckt wird, das Land sei ein weißer Fleck auf der Landkarte, über den es sich nicht zu schreiben lohne. Der Fokus westlicher Mainstream-Medien richtet sich – wie in den Tagen vor und nach der Präsidentschaftswahl – nur dann auf das Land, wenn versucht wird, sich in die inneren Angelegenheiten Weißrußlands einzumischen…
Ein Gastbeitrag von Wolodymyr Beztrusenko
In Wirklichkeit ist es ein geordnetes, sauberes Land mit einem stabilen System, ein sozialer Volksstaat, wie es sich selbst nennt. In einem Reisebericht heißt es: „In Weißrußland ist die Zeit stehengeblieben“. Das ist als Kritik gemeint, aber man kann es auch positiv sehen, weil das traditionelle Wertesystem noch aufrechterhalten und der Nihilismus der modernen Welt abgelehnt wird.
Die Weißrussen kommen aus der Rus, dem ostslawischen Volk, das vor mehr als 1000 Jahren aus drei Fürstentümern bestand: Kiew, Polozk und Novgorod. Später wurde es weitgehend von Polen und Litauen beherrscht, und als nur mehr ein Gebiet im Nordosten übriggeblieben war, nannte man es „Belaja Rus“ (die weiße Rus), d.h. die reine, nicht dem „Latinismus“ unterworfene Rus.
Weißrußland in der Sowjetzeit
Weißrußland wurde als Belorussische Sozialistische Sowjetrepublik (BSSR) erst im Jahr 1920 im Rahmen der Sowjetunion als Nationalstaat mit weißrussischer Staatssprache gegründet. Im Zweiten Weltkrieg verlor das Land im Laufe des Krieges jeden vierten Einwohner. Das sind die höchsten Opferzahlen, die für ein Kriegsgebiet im Zweiten Weltkrieg festgestellt wurden.
Die BSSR litt unter den Repressionen der Stalinzeit wie die anderen Sowjetrepubliken, aber am Ende war sie die am weitesten entwickelte Sowjetrepublik mit dem höchsten Standard in der Industrie und im Bildungswesen. Das völlig zerstörte Minsk wurde nach dem Krieg als „Musterstadt des Sozialismus“ im klassizistischen Stil neu aufgebaut.
Lukaschenko verhinderte das Entstehen einer Oligarchie
Am 24. August 1991 erklärte die BSSR ihre Unabhängigkeit und verfolgte bis 1994 einen prowestlichen Kurs, der, ähnlich wie in Rußland und der Ukraine, auf den Weg des Liberalismus führte. Im Jahre 1994 gewann jedoch Alexander Lukaschenko die Präsidentschaftswahlen, der nicht aus der Nomenklatura kam – als einziger unter allen Präsidenten der Nachfolgerepubliken der Sowjetunion – und nicht ihre Interessen vertrat. Er hatte 1991 im Obersten Sowjet der BSSR als einziger Abgeordneter gegen die Auflösung des sowjetischen Staates gestimmt. Er behielt viele soziale Einrichtungen des sowjetischen Systems bei, aber entmachtete die im Entstehen begriffene neue Oligarchie.
70 Prozent für neue Verfassung
Mit Hilfe eines Referendums gab Lukaschenko dem Land im November 1996 eine neue Verfassung, die dem Präsidenten entscheidende Vollmachten gewährte und eine Union mit Rußland vorsah. Damals befürworteten 70% der Wahlberechtigten den präsidialen Verfassungsentwurf.
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der ECKART-Ausgabe September 2020, die sie HIER bestellen können.