von Florian von Ach
Nach der jüngsten Landtagswahl in Südtirol, die der dauerregierenden Südtiroler Volkspartei (SVP) eine historische Niederlage bescherte, folgten zunächst Wochen des Stillstandes. Zu groß war der Schock für die SVP-Granden gewesen, daß nur mehr 34,5% der Wähler ihr Kreuz beim Edelweiß gemacht hatten. In nicht allzu fernen Zeiten hatte man noch satte 60% erzielt. Schließlich begann man notgedrungen Koalitionsgespräche mit den italienischen Rechtsparteien Lega und Fratelli d’Italia, der Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, sowie – und das machte diese Gespräche historisch – mit den Freiheitlichen. Erstmals war die SVP gezwungen, mit einer deutschen Partei Gespräche zu führen, da sie aus eigener Kraft keine Mehrheit mehr hatte. Damit musste die SVP faktisch ihren Alleinvertretungsanspruch als Sammelpartei der deutschen und ladinischen Südtiroler aufgeben – die Ohrfeige der Wähler für Landeshauptmann Kompatscher und SVP-Parteiobmann Achammer war zu heftig gewesen.
„Demokratierettung“, Faschisten und Futtertröge
Nachdem der Schwenk der SVP nach rechts ruchbar wurde, mobilisierten die üblichen Berufsantifaschisten für Gegendemonstrationen, um „die Demokratie zu retten“. Soweit, so erwartbar. Schwerer wog da schon die entschiedene Ablehnung der Fratelli d’Italia durch das patriotische Lager in Südtirol, vor allem durch den einflußreichen Südtiroler Schützenbund. Man hatte dort nicht vergessen, daß die „Fratelli“ die Erben der italienischen Faschisten sind, die den Südtirolern mit brutaler Gewalt ihr Deutschtum austreiben wollten. Für die plötzlich als Koalitionspartner umworbenen Freiheitlichen, die aufgrund eines bieder-langweiligen Wahlkampfes ein enttäuschendes Ergebnis eingefahren hatten (nur knapp 5% und zwei Landtagssitze) ein Ritt auf der Rasierklinge. Dennoch nahm man den Fehdehandschuh auf und stürzte sich gegen alle Widerstände in langwierige Koalitionsverhandlungen.
War man zunächst davon ausgegangen, daß die italienischen Rechtsparteien der „Verhandlungsgegner“ sein würden, so wurde man bald eines besseren belehrt: Die Italiener scherten sich keinen Deut um Inhalte, sondern balgten sich nur um Posten. Erschwerend kam noch hinzu, daß der linksliberale Landeshauptmann Kompatscher (SVP), dem alles Patriotische zuwider ist, eine Rechtsregierung nur dann eingehen wollte, wenn noch eine völlig unbedeutende italienische Bürgerliste an Bord wäre. Dies hätte dann der Koalition einen etwas „gemäßigteren“ Anstrich gegeben. Diese Bürgerliste aber hatte, obwohl die kleinste Fraktion am Tisch, den weitaus größten Appetit auf die Futtertröge. Das Gerangel um die Plätze an der Sonne beschäftigte die Italiener dermaßen, daß ihnen schlicht keine Zeit für Inhalte blieb.
Dies machten sich die Freiheitlichen zunutze. Deren Verhandlungsmannschaft um die Landtagsabgeordnete Ulli Mair, den neuen Parteiobmann Otto Mahlknecht und den Verfasser dieser Zeilen konnte dem Koalitionsvertrag ihren Stempel aufdrücken. Am Ende kam ein Koalitionsprogramm mit „blauer Handschrift“ heraus, wie Freund und Feind, vor allem die meist linkslastigen Medien, anerkennen mußten. So liest man statt „woker“ Allerweltsthemen nun klare Bekenntnisse zur deutschen Schule, zur deutschen Volkszugehörigkeit der Südtiroler, zu Themen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zu einer Migrationspolitik des „Forderns und Förderns“, zur Corona-Aufarbeitung, zu einer Klimapolitik, die sozialverträglich und wirtschaftsfreundlich sein müsse, zur Unterstützung von Familien mit Kindern und zu einer Vielzahl an blauen Sachthemen wie etwa des leistbaren Wohnens. Dieser Erfolg war nicht vom Himmel gefallen: Es gab wochenlange, hitzige Debatten, die Koalitionsgespräche standen mehrmals kurz vor dem Abbruch, denn die blaue Delegation hatte klargemacht, daß sie nur bei entsprechender Berücksichtigung ihrer Inhalte am Regierungstisch Platz nehmen werde.
Der AfD-Vordenker Maximilian Krah meint in seinem Buch Politik von rechts: „Rechte Politik, die lieber weitgehende Kompromisse schließt, nur um irgendeine Regierungsbeteiligung zu erheischen (…) scheitert. Immer.“ Nun, dieses Diktum wurde berücksichtigt, das ausverhandelte Koalitionsprogramm ist eine solide Basis für freiheitliche Politikgestaltung. Jetzt wird es darum gehen, auch der Forderung des Vordenkers der Südtiroler Freiheitlichen, Michael Demanega, gerecht zu werden: „Die eigentliche agonale Auseinandersetzung endet nicht mit Koalitionsvereinbarungen, sondern beginnt erst.“