Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Wikimedia Commons, Paula Borkovic

Reise ans Meer – Mit Musik und Literatur

von Pina Nueberg

Sommerzeit! Urlaubszeit! Reisezeit!

Auch ich packe meinen Koffer und mache mich auf den Weg. Richtung Süden. Richtung Meer. Wie so viele andere. Weil ich mich nicht wie ein Lemming mit den Massen auf die Reise begeben möchte, bewege ich mich antizyklisch. Vermeide den großen Urlauberwechsel, starte an einem Wochentag und beginne meine Ferien vor der Haustüre, indem auch die Fahrt an den Traumort am Meer, zu meinem Sehnsuchtsort, dazugehört. Ich mag es, langsam zu reisen, vermeide Flugzeug und Hochgeschwindigkeitszüge, nehme, um nach Dalmatien zu gelangen, das Automobil. Verlasse noch in Österreich die Autobahn und reise weiter über Landstraßen.

Als ich das erste Mal diesen Weg nahm, war Slowenien noch recht grau, heruntergekommen und düster im Vergleich zur blühenden Oststeiermark. Mittlerweile sind die Häuser heller und gepflegter, die Blumen bunter, die Straßen besser, und allerorts sprießen mitteleuropäische Supermarktketten und Drogeriemärkte wie Schwammerln aus der Erde. Und dann gelange ich, kurz nachdem ich Slowenien wieder verlasse, nach Varaždin. „Komm mit nach Varasdin!“ – Gunther Philipp und Renate Ewert, Peter Alexander und Ingeborg Hallstein haben es gesungen, auch Anneliese Rothenberger kennt man als „Gräfin Mariza“, jene Figur, die dem nach der Csárdásfürstin zweitgrößten Operettenerfolg von Emmerich Kálmán seinen Namen gab. Damals ungarischer Sehnsuchtsort in „rot-weiß-grün“, in dem „die Rosen blüh’n“ und man glücklich sein kann, heute eine Stadt mit fast 50.000 Einwohnern, die zum wirtschaftlich bestentwickelten Teil Nordkroatiens zählt und über eine Umfahrungsstraße verfügt, die ich, jenes Operettenlied trällernd, auch einschlage.

Weiter geht die Fahrt, über unwegsame Straßen, in Serpentinen bergauf, bergab. Vereinzelt sieht man Häuser mit Einschußlöchern, Ruinen – Denkmäler eines Irrsinnskrieges. Und dann: Düster erhebt es sich über einer schmalen Straße, imposant in seiner Enge, beeindruckend durch das viele Wasser: das Dorf Slunj. Seine Wasserfälle sind ein Naturschauspiel, unvergleichlich, weil der Fluß Korona (sic!) direkt im Ortszentrum in zahlreichen Kaskaden in die Tiefe fällt. Es ist der Ort, der  dem letzten vollendeten Roman Heimito von Doderers Die Wasserfälle von Slunj seinen Namen gab, und der die Handlung um die Familie Clayton elegant umklammert. Weniger bekannt als die Strudlhofstiege, las ich diesen seitenstarken Roman im ersten Semester meines Studiums und nehme mir vor, ihn im kommenden Jahr als Ferienlektüre in meinen Koffer zu packen. Zum Wiederlesen am Meer.

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