von Daniel Fabian
Wer an Anhänger des Islams in Deutschland denkt, nimmt heute zuallererst die in den letzten Jahrzehnten eingewanderten Millionen in den Blick. Tatsächlich standen aber etwa achtzig Jahre lang Moslems schon in Preußen unter Waffen. Zu den ersten zwanzig islamischen „Langen Kerls“ Friedrich Wilhelms des I. gesellten sich im Laufe der Weiterentwicklung der preußischen Armee zuerst Überläufer aus der russischen und der kaiserlichen Streitmacht, dann andere angeworbene Reiter. Das aus ihnen gebildete „Bosniakenkorps“ bewährte sich im Zweiten und Dritten Schlesischen Krieg. Unter anderem wurde durch die „Bosniaken“ die Reiterlanze in der preußischen Armee eingeführt.
Bereits 1739 wurde für die „Langen Kerls“ in Potsdam nahe der Garnisonkirche eine Moschee eingerichtet. Und auch die Offiziere „Leutnant Emir Osman“, zugleich Feldgeistlicher, also der erste deutsche Imam, und „Kornett Ali“ gab es in der preußischen Armee ab 1745. Zweifellos hinterließen diese exotischen mohammedanischen Preußen einen starken Eindruck bei den Einheimischen im nördlichen Ostpreußen. Über den Offizier und Behelfsgeistlichen Osman berichtet ein Chronist: „Noch längere Zeit kleidet er sich türkisch; da aber sein langer Bart, die nackte Brust und die entblößten Arme sowie das lange Messer im Gürtel den Officiersdamen mißfielen, legte er eine rothe Husarenuniform mit silbernen Schnüren verziert an.“ Im Laufe der folgenden Generationen ging die winzige orientalische Gruppe in der Bevölkerung auf. Die Namen „Bosniak“, „Osman“ und andere erhielten sich in Ostpreußen.
Von Friedrich dem Großen ist die Randnotiz überliefert: „… und wen Türken und Heiden kähmen und wolten das Land Pöpliren, so wollen wier sie Mosqueen und Kirchen bauen“. Für die stets ansiedelungsfreudigen preußischen Behörden waren dieser Devise folgend Mohammedaner ebenso gut wie Katholiken oder Juden, und so kamen auch diese für die ehrgeizigen Siedlungsprojekte im Osten infrage. Der Oberkammerpräsident in Königsberg schrieb im Rahmen der dritten polnischen Teilung über die im ehemaligen Polen-Litauen ansässigen mohammedanischen Tataren, daß „der ganze moralische Charakter dieser Nation, ihre Cultur etc. von der Art ist, daß ich wünschte, einige Tausend von diesen Familien in den neu zu acquirierenden Ländern ansässig machen zu können.“ Mit den Lipka-Tataren lebt bis heute eine der wenigen nicht im 20. Jahrhundert eingewanderten moslemischen Bevölkerungsgruppen nördlich der Alpen als kleine Minderheit in Polen, Litauen und Weißrußland.
Ein Friedhof in Berlin als Sinnbild für die Islamisierung Deutschlands
In der wilhelminischen Zeit kam durch das machtpolitische Interesse der deutschen Führung der Orient stärker in den Blick, es entstanden neben militärischer Kooperation und diplomatischen Beziehungen auch Handels- und Kulturkontakte. Aus dieser Zeit stammt auch der „Türkische Friedhof“ am Columbiadamm in Berlin. An dem Gelände läßt sich die Ausbreitung und politische Durchsetzung des Islams in Deutschland in den letzten 150 Jahren beispielhaft illustrieren: Dem Osmanischen Reich als Begräbnisstätte geschenkt wurde dort eine heute noch existierende Gedächtnissäule errichtet. Nach dem Ersten Weltkrieg kam ein Soldatenfriedhof für gefallene osmanische Soldaten hinzu. Im übrigen blieb der Begräbnisplatz ein stiller islamisch-türkischer Winkel in Preußen. Doch schon in den 1960er-Jahren reichte der Platz durch Zuzug von Türken und anderen Moslems nach Berlin nicht mehr, sodaß auf dem benachbarten Neuen Garnisonsfriedhof ein deutsches Soldatengrabfeld (!) eingeebnet wurde, um auf 2.000 m² Platz für weitere islamische Gräber zu schaffen. Ab 1999 wurde dann eine große Moschee auf dem Gelände gebaut. Die Minarette gerieten fast zehn Meter höher, als es die Baugenehmigung erlaubte – die Baubehörde erließ schließlich ein Bußgeld, das kaum höher war als die Förderung, die das Projekt vom deutschen Steuerzahler erhalten hatte. Die umliegenden Grabfelder sind längst zu klein geworden für Neubestattungen. Von einem „euro-islamischen“ Liberalismus hat sich die Gemeinde verabschiedet und vor wenigen Jahren um Deradikalisierung bemühte Initiativen des Hauses verwiesen. Die Gedächtnissäule aus wilhelminischer Zeit ihrerseits verschwindet heute im Schatten des kolossalen Neubaus. Und so ähnlich haben die jahrhundertalten, ohnehin minimalen Spuren eines „preußischen Islams“ nichts mehr zu tun mit der durch Masseneinwanderung kulturfremder Moslems geprägten Gegenwart.