Überlegungen zum österreichischen Eherecht
Phyllis Schlafly? Der Name ist in Europa weithin unbekannt, aber in den USA wird die 1924 geborene und 2016 entschlafene konservative Publizistin auch in unseren Tagen von vielen Frauen verehrt. Die Katholikin Schlafly studierte Jus und arbeitete kurzzeitig als Anwältin im Bundesstaat Illinois. Ihrer Ehe mit einem Advokaten entsprangen sechs Kinder. Sie trat für die Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter ein.
Ein Diskussionsbeitrag von Erich Körner-Lakatos
Mit großem Einsatz widmete sich Schlafly dem Kampf gegen das „Equal Rights Amendment“ (ERA), einem Verfassungszusatz, der die vermeintliche Gleichberechtigung der Geschlechter in der US-Verfassung festschreibt. Sie sieht darin eine Bedrohung für die traditionelle amerikanische Familie und fürchtet um weibliche Privilegien, die durch den Zusatz verfassungswidrig würden, z. B. den Ausschluss vom Wehrdienst und den Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Ehemann.
Eine gesetzliche Gleichstellung von Frauen würde diese außerdem dazu zwingen, ihre Mutterrolle, die Schlafly als natürlich und befriedigend betrachtet, aufzugeben und erwerbstätig zu werden, was zu Unglück und Kinderlosigkeit oder zur Vernachlässigung des Nachwuchses führe. Obschon Schlaflys Kampf nur bescheidene Erfolge zeitigt, ist sie doch eine Ikone für viele Evas, die das traditionelle Frausein bevorzugen.
Eine Phyllis Schlafly hat im Österreich der 1970er-Jahre gefehlt. Denn dann wäre die Gesetzesänderung des roten Justizministers Christian Broda in Bezug auf die persönlichen Rechtswirklungen der Zivilehe (1976) vielleicht weniger radikal ausgefallen. Die Folgen für bestehende Ehen sind gravierend, weil dadurch der Vertragsinhalt ein gänzlich anderer wird. Nicht einmal eine Übergangsregelung ist vorgesehen, wonach für aufrechte Ehen die bisherigen Normen gelten. Könnte die Umstandsklausel (clausula rebus sic stantibus) einen Ausweg bieten? Sie ermöglicht es, einen Vertrag inhaltlich anzupassen oder gar aufzuheben, wenn sich entscheidende Umstände ändern, die Grundlage des Geschäftes gewesen sind. Doch das verneinen die Rechtsgelehrten, Pech für die Vertragspartner der „Alt-Ehen“.
War Brodas Reform wirklich so vorteilhaft?
§ 91 ABGB lautet bis Ende 1975: Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattinn (sic!) nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, und sie in allen Vorfällen zu vertreten.
§ 91 neu: „Die Ehegatten sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft … einvernehmlich gestalten …“. Für die Ehegattin bedeutet das eine Verschlechterung. Bisher hatte sie die Gewissheit, durch den pater familias geschützt zu sein. Zudem oblag dem Manne die schwere und verantwortungsvolle Aufgabe der Leitung des Hauswesens. Jetzt soll sich die Frau zu fünfzig Prozent daran beteiligen!
Einvernehmlich gestalten – so die verba legalia im derzeit gültigen § 91 ABGB ist in praxi nicht umzusetzen, denn bei unterschiedlichen Ansichten gibt es keine Schiedsinstanz. Was den anständigen Unterhalt anlangt: Seinerzeit macht eine Erwerbstätigkeit seiner besseren Hälfte den Ehemann gesellschaftlich unmöglich. Nach der neuen Norm darf, oft: muss die Eva einer Lohnarbeit nachgehen. Ob das ein Fortschritt ist?
Oder § 92 ABGB. Bisher (Text in der Schreibweise von 1811): Die Gattin erhält den Nahmen des Mannes, und genießt die Rechte seines Standes. Sie ist verbunden, dem Manne in seinen Wohnsitz zu folgen … Jede feinfühlig geartete Frau trägt mit Stolz und Freude den Geschlechtsnamen ihres Mannes. Kurios – und, um der Wahrheit die Ehre zu geben: ein Zeichen der Dekadenz – ist die heutige Rechtslage (§ 93 ABGB), wonach der Bräutigam den Familienamen der Braut annehmen könne. Bis vor wenigen Jahrzehnten galt felsenfest: Kein weibliches Wesen hätte das seinem frisch Angetrauten zugemutet, denn der stünde in den Augen der Zeitgenossen als Hanswurst da.
Entwurzelung und Entweiblichung der Frau
Ab 1976 genießt die Frau auch nicht mehr die Rechte des Standes ihres Mannes. Eine weitere Verschlechterung: Aus der respektvoll titulierten Frau Hofrat wird eine schlichte Frau Pospischal. Bislang musste sich die Braut nicht um den gemeinsamen Wohnsitz kümmern, denn die gesetzliche Formulierung dem Manne in seinen Wohnsitz zu folgen setzt begrifflich voraus, dass der Ehemann einen solchen bereits besitzt. Jetzt muss die Arme womöglich bei der Suche nach einer Behausung mithelfen.
Fazit: Brodas Gesetzesänderung hat zu einer massiven Schlechterstellung der Ehefrau geführt. Plausibel klingen die Darlegungen vieler Psychiater, die als Hintergrund für weitverbreitete Depressionen in der Damenwelt auch eine gewisse Entwurzelung mitverantwortlich machen. Selbst das familiäre Umfeld biete keine sicheren Pfosten mehr, an die sich die von Natur aus anlehnungsbedürftige Eva festhalten könnte.
