Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Wikimedia Commons, Stanislav Kozlovskiy

Merkwürdigkeiten in deutschen Gläsern

von Christoph Bathelt

Wenn einem soviel Gutes widerfährt, dann ist das einen Asbach-Uralt wert.“ – so lautete jahrzehntelang der Werbespruch der berühmtesten deutschen Weinbrandmarke. Der Kölner Hugo Asbach gründete in Rüdesheim nicht nur die älteste, heute noch bestehende Destillerie, sondern erfand auch den Namen „Weinbrand“: Das half ihm im Jahre 1919, weiter zu produzieren, als die Franzosen im Versailler Vertrag die Bezeichnung „Cognac“ untersagten. Das gleiche Schicksal widerfuhr den deutschen Sektproduzenten: Auch sie wurden gezwungen, ihre Getränke ausschließlich mit dem deutschen Wort zu bezeichnen, obwohl die Firma von Christian Adam Kupferberg in Mainz schon vor 1850 mit der „Fabrication moussirender Weine“ begann und als eine der ersten gemäß der „méthode champenoise“ produzierte. Der Beliebtheit des Schaumweines tat das keinen Abbruch, dank kreativer Werbemaßnahmen wurde Kupferberg Gold eine der bekanntesten Marken und ist es bis heute geblieben. Eine vor allem Studenten der Rechtswissenschaften bekannte Besonderheit ist die Schaumweinsteuer, die 1902 eingeführt wurde, um den Bau der deutschen Kriegsmarine zu unterstützen und die bis heute beibehalten wurde. Noch merkwürdiger: Ausgerechnet in der DDR gab es diese Gebühr nicht, dafür aber fast ebenso lange in Österreich.

Sekt, Korn und Bismarck

Aber bleiben wir beim „Guten“ – Bismarck war dem perlenden Getränk zugetan, bezog zu Anfang des deutsch-französischen Krieges sein Quartier in der Sektkellerei Kupferberg, und ein Bier-Sekt-Cocktail trägt ihm zu Ehren sogar den Namen „Bismarck-Trunk“. Von hier ist es nicht weit zum „Champagne du Nord“, wie napoleonische Soldaten das Berliner Weißbier nannten, serviert in den typischen kelchartigen Gläsern. Anfang des 19. Jh. begann der Schweizer Daniel Josty, in Berlin mit diversen Zusätzen zu experimentieren, von denen sich Waldmeister- und Himbeersirup am meisten durchsetzten, um eine echte „Berliner Weiße mit Schuß“ zu kredenzen. Nachdem Ende der 1990er-Jahre der Bierverbrauch generell zurückging, erwies sich dieses Traditionsgetränk als gute Nische und wurde wieder vermehrt bestellt.

Wer sich nicht den Naschkatzen zurechnet, hat natürlich eine große Auswahl an scharfen Getränken wie Nordhäuser Doppelkorn aus Thüringen: Dieser ist bereits seit der frühen Neuzeit bekannt aufgrund eines Verbotes – man stritt sich mit den Bierbrauern um das benötigte Getreide, und die Brauherren hatten aufgrund des Bedarfes an ihrem „Grundnahrungsmittel“ mehr Macht. Aber der Erfolg ließ sich nicht aufhalten, und auch hier war es wieder der Eiserne Kanzler, der ein großer Liebhaber dieses Getränkes war. Andere legendäre Spirituosen sind der aufgrund seiner charakteristischen Steingutflasche bekannte „Steinhäger“ aus der Stadt Steinhagen am Rande des Teutoburger Waldes oder Rostocker Doppelkümmel, welcher ab 1864 von Conrad Lehment aus einer lokalen Spezialität auf den Weltausstellungen in Wien und Chicago eine internationale machte. In der DDR durfte die Familie Lehment nur alkoholfreie Getränke verkaufen, und ein VEB versuchte den Kümmel anderwertig herzustellen, aber das Rezept war so ausgeklügelt, daß alle Versuche eines Plagiates scheiterten. Seit 1994 erfolgt die Produktion aber von der Hardenberg-Wilthen AG im Besitz der Familie Hardenberg.

Ostdeutsche Preziosen: Danziger Goldwasser und Rigaer Balsam

Diese erzeugt seit 1971 eine besondere Rarität: Das Danziger Goldwasser nach einem 400 Jahre alten Originalrezept. Über die Gründe, das Edelmetall in den Likör zu mischen, kann man nur spekulieren – als Zeichen des Wohlstandes oder im Glauben an alchemistische Wunder womöglich. Jedenfalls wurde er rasch beliebt und gerne z.B. von Kaiserin Katharina II. von Rußland konsumiert. Neben Gold enthält das Getränk Destillate von Kardamom, Koriander, Zitronen- und Orangenschalen, Wacholderbeeren, Kümmel, Lavendel, Zimt, Sellerie und Mais. Ähnlich legendenumwoben ist der „Rigaer Balsam“, den der deutschbaltische Apotheker Abraham Kunze unter Zuhilfenahme älterer Rezepte erfunden hat – angeblich soll eine Flasche, von Herder an Goethe gesendet, diesen zum Zaubertrank Mephistos im Faust inspiriert haben.

Die Braunschweiger Mumme – einst ein Starkbier mit hohem Malzgehalt und wegen des Alkohols und Zuckers lange haltbar – war einst als Schiffsproviant weltberühmt, später immerhin noch als Nahrungsergänzung für Wöchnerinnen und Kranke beliebt, bevor sie an Bedeutung verlor. Erst in den letzten Jahren wird sie wieder populär und verbreitet sich bei Bierfesten, aber auch als Zutat zum Kochen und Backen.

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