von Wendelin Mölzer
Kärnten ist nicht nur historisch betrachtet ein spannendes Land. Gelegen im Süden des deutschen Sprachraumes reicht die Geschichte des Landes Jahrtausende zurück – und nicht nur im Hoch- und Spätmittelalter galt es als die Gold- und Holzkammer schlechthin. Kärnten bleibt auch noch in der frühen Neuzeit durch seine Wald- und Holzwirtschaft ein wirtschaftlicher Faktor. Problematisch mag für Kärnten gewesen sein, daß es rund 500 Jahre lang keine wirkliche eigene Entität war, sprich, die Zentralverwaltung nicht in Kärnten selbst, sondern vom steirischen Graz aus erfolgte – Stichwort Korpskommando des Militärs, Stichwort Oberlandesgericht, Stichwort keine eigene Universität bis in die 1970er-Jahre.
Gleichzeitig aber ist Kärnten geprägt von einer perfekten Lage inmitten Europas, vom Verkehrsknotenpunkt Villach, der bekanntlich im größten inneralpinen Becken, dem Klagenfurter Becken, liegt; dazu versprechen ein mildes Klima im Sommer und nicht allzu harte Winter grundsätzlich große Vorteile in Sachen Lebensqualität. Außerdem ist man mit dem Auto in drei Stunden in München oder Wien, in einer guten Stunde in Laibach, in zwei Stunden in Triest und in fünf Stunden in Mailand. Einzig Bahnreisen sind im 21. Jh. noch immer problematisch – vor allem verglichen mit dem Stand der Bahnlinien am Ende der k.u.k-Monarchie. Zumindest wird der mangelnde Ausbau der Eisenbahnstrecken in diesem Jahr zum Teil behoben – Ende 2025 wird die so wichtige Koralmbahn eröffnet. Der Semmering-Basistunnel Richtung Wien läßt aber wohl noch länger auf sich warten, und das Nadelöhr in Richtung Salzburg, der Tauerntunnel, ist auch noch nicht erweitert.
Das mitunter abträgliche Kärntner „Lei lossn“, sprich „Laissez faire“, verleiht dem Land umgekehrt sein spezielles, lebenswertes Flair.
Wenngleich auch viele Menschen, die gut ausgebildet sind, Kärnten den Rücken kehren müssen, gibt es hier doch zahlreiche Chancen, zumal das Land eben eine sehr hohe Lebensqualität bietet. Und die Kärntner Mentalität als solche lädt dazu ein, hier sein Leben zu verbringen: „Dort leben, wo andere Urlaub machen“ bzw. der langjährige Werbeslogan Kärntens „Urlaub bei Freunden“ sind in diesem Zusammenhang nur zwei treffende Beispiele. Apropos Mentalität: Hier mag der Kärntner zwar nur wenig konkurrenzfähig sein – das „Lei lossn“, sprich „Laissez faire“ ist vielleicht manchmal nicht gerade zuträglich, wenn es zum Beispiel um Akribie und Fleiß geht; und wenn man sich mit anderen Bundesländern vergleicht, etwa mit der Mentalität der Oberösterreicher, dann wird es spannend. Aber gerade die Mischung im Grenzland macht wohl das spezielle Flair und die hohe Lebensqualität aus, die auch die Einzigartigkeit des Landes definieren.
Zuwanderungsmäßig eine Insel der Seligen
Ebenfalls ein spannender Aspekt ist aber genau diese Strukturschwäche des Landes. So gilt Kärnten nicht wirklich als Attraktion für die Masseneinwanderung: Verglichen mit dem restlichen Österreich ist in Kärnten der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund deutlich geringer und liegt bei nur etwa zwölf Prozent. Und wenngleich in Villach oder Klagenfurt auch schon Probleme mit der Zuwanderung auftreten, so sind diese doch verglichen mit anderen Bundesländern und vor allem großen Städten viel leichter bewältigbar. Man lebt diesbezüglich also auf einer Insel der Seligen, und Kärntens Last – sprich seine Strukturschwäche – erweist sich hier in Kombination mit der guten Lage und der begnadeten Natur als Kärntens große Chance. Das Motto „Leben, wo andere Urlaub machen“ bekommt so künftig eine andere Bedeutung. Und auch wenn es den bereits erwähnten „Braindrain“ aus Kärnten hinaus gibt, dem man naturgemäß entgegenwirken sollte: Die Chancen und den Luxus, den das Land bietet, sollte man nicht allzuvielen weitersagen – Stichwort „Geheimtip“!
Über den Autor:
Wendelin Mölzer ist Journalist und Abgeordneter der FPÖ zum Nationalrat. Er lebt mit seiner Familie am Ossiachersee.