„Besitzlos und glücklich“
Wie unsere Wohnungen zu unseren Gefängnissen werden.
von Bernadette Conrads.
Geht es nach dem Gründer des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, kurz WEF) Klaus Schwab, sollen wir bis 2030 völlig enteignet werden. Schwab nennt den angestrebten Vorgang den „Great Reset“. Die Normalität, wie wir sie kennen, sollte nie wieder zurückkehren. Wörtlich erklärt seine Schöpfung WEF: „Sie werden nichts besitzen und glücklich sein.“ Auch durch die Corona-Politik soll dieser „Wandel” vonstatten gehen und in eine globale, technokratische, durch „Big Tech“ gesteuerte Diktatur münden. Die durch eine solche Technokratie beherrschten Menschen sollten zu Mischwesen aus Mensch und Maschine verschmelzen, sollen „Transhumanoide“ werden.
Diese Zukunftsaussichten wirken auf „normale Menschen“ zunächst völlig realitätsfern und dystopisch. Doch Schwabs weltumspannendes WEF wirbt damit auf seiner Internetseite ebenso offen, wie er selbst in seinen Büchern The Great Reset und Die Vierte Industrielle Revolution seine Pläne schildert. Und Klaus Schwab ist kein Niemand. 1971 gründete der 1938 geborene Deutsch-Schweizer Wirtschaftswissenschafter seine Lobbying-Organisation mit Schützenhilfe von niemand geringerem als Otto von Habsburg. Zuvor war Schwab im Vorstand des schweizerischen Maschinenbauunternehmens Escher-Wyss. Heute trifft sich die Weltelite aus Politik und Wirtschaft jährlich in Davos, um dort gemeinsam mit Schwab ihre künftige Agenda zu besprechen. Über sein „Young Global Leaders“-Programm hält Schwab Kontakt zu aussichtsreichen Persönlichkeiten, über die er sich sowohl in den Vorständen internationaler Großkonzerne als auch in den Kabinetten nationaler Regierungen Einfluß sichert. Ob Facebook-Chef Zuckerberg, Baerbock, Macron, Trudeau oder Kurz: Schwab hat sie alle. Und erreicht er sie nicht in Davos, so hat Schwab weitere lukrative Zugänge zur Machtelite: Denn nebenbei sitzt er auch im Lenkungsausschuß der Bilderberger-Konferenz – und sein Drang zur Macht ist beachtlich.
Schwab strebt eine global kontrollierte, überwachte und autoritär regierte Gesellschaft an
Eine führende Rolle sollen dabei High-Tech-Konzerne einnehmen. All dies schildert er in The Great Reset, das er gemeinam mit dem Bankier Thierry Malleret 2020 herausbrachte. Nie wieder würden wir zur „alten Normalität“ vor Corona zurückkehren, denn die Welt werde sich von nun an seinen Vorstellungen entsprechend verändern. Die von ihm vorgesehene „Vierte Industrielle Revolution“ stehe vor der Tür und mit ihr die „Governance 4.0“. Diese sehe nichts weniger als die Abschaffung unserer demokratischen Institutionen vor. Denn diese seien zu langsam, überholt und würden auch nicht die richtigen Antworten auf die Probleme der Zeit finden. An ihre Stelle solle stattdessen – wie Schwab in einem Gastkommentar im Handelsblatt Anfang 2022 beschreibt – eine globale Herrschaft treten, die langfristigere Antworten auf große Fragen finde als bisher. Schwab schreibt in The Great Reset: „Eine gute Regierung kann über Leben und Tod entscheiden. Eine der großen Lehren der letzten fünf Jahrhunderte in Europa und Amerika ist, daß akute Krisen zur Stärkung der Staatsmacht beitragen.“
Als Vorbild gilt ihm hierbei in vielerlei Hinsicht China. So lobt er das dort eingeführte Sozialkreditsystem, demzufolge Bürger diverse Freiheitsrechte durch Wohlverhalten erlangten. Und auch für die Einführung einer digitalen Währung als weiteres Mittel zur Kontrolle der Bürger zeigt der Technologie-Fan Begeisterung. Denn ohne Bargeld könnte künftig zentral durch den Staat gesteuert werden, wer welche Ausgaben tätigen könne und wer nicht. Wie erfolgreich Schwab mit seiner Agenda ist, zeigt sich in den Reden vieler Politiker, die die globalistische Agenda auch unumwunden wiedergeben. So etwa Sebastian Kurz, als er 2019 – damals schon als „Young Global Leader“ – beim „Europatag der Wirtschaft“ über die Vorzüge Chinas schwärmte. Dort führe die „Idee eines nicht wirklich demokratischen, stark und streng geführten Landes mit eingeschränkter Freiheit“ zu wirtschaftlichem Erfolg, erklärte er sichtlich beeindruckt. Kontrolle braucht es in Schwabs Zukunftsperspektive allemal: Ihr zufolge sollen nämlich alle Erdenbürger, insbesondere im Westen, ihre Bedürfnisse drastisch herunterschrauben und vor allem CO2-arm leben.
Besessen soll nichts mehr werden, sondern nur noch von Großkonzernen gemietet
Mit Hilfe modernster Technologie sollen wir in kleinen Wohneinheiten die Vorzüge einer virtuellen Realität genießen, wie das WEF auf seiner Internetseite veranschaulicht. Mit dieser Technik sollen wir eine physische Verbindung eingehen, durch die Neucodierung von Genen („Genetic Engineering“) optimiert und, mit Maschinen verschmolzen, zum transhumanoiden Wesen „weiterentwickelt“ werden. Geworben wird mit Errungenschaften für die Gesundheit: Implantierte Computer sollen Krankheiten erkennen, Roboter Operationen an uns durchführen, und mRNA-Technologie sollen uns von innen heraus anhand der ermittelten DNA-Daten „reparieren“; selbstfahrende Autos sollen uns transportieren, Bildung und Arbeit weitgehend digitalisiert und von zuhause ausgeführt und unzählige Berufe wegrationalisiert, der Wegfall der Arbeitsplätze soll durch das System gesteuert und durch ein Grundeinkommen aufgefangen werden. Daß es sich um ein bedingungsloses Einkommen für jedermann handelt, darf angesichts der erstrebten „Regierung, die über Leben und Tod entscheiden“ kann, von der Schwab im Great Reset spricht, bezweifelt werden. Doch bei aller Kontrolle würden wir glücklich sein, verheißt das WEF. Möglich machen soll dies die virtuelle Realität – und aktuelle Projekte wie „Metaverse“ von Facebook zeigen, daß an der entsprechenden virtuellen Realität tatsächlich schon gebaut wird.
Das WEF gibt überdies Tips zum Glücklichsein. Sie muten wie eine Mischung aus Ratgeber und Gehirnwäsche an, wenn es etwa heißt, man solle keine zu hohen Erwartungen haben, weil diese einen ohnehin nur unglücklich machen würden. Das Weltwirtschaftsforum bezeichnet dies als „toxische Positivität“. Der Weg zum Glück führe stattdessen über „realistischen Optimismus“. Wie dieser wohl aussehen könnte? „Danke Klaus, daß ich heute eine Stunde länger mit meinen virtuellen Freunden im Internet sein darf, nachdem ich meine Sozialkredit-Punkte durch besondere Regierungstreue erhöhen durfte“, höre ich mein zukünftiges Ich bereits „realistisch-optimistisch“ sagen.
Daß diese Perspektiven durch breite Gesellschaftsschichten geradezu „toxisch-positiv“ aufgenommen werden könnten, ist gar nicht unwahrscheinlich. Bereits heute werden wir bei banalen Tätigkeiten wie dem Einkaufen im Supermarkt zunehmend mit „Treuepunkten“ auf ein entsprechendes Belohnungssystem konditioniert – oder gar mit „Bewusstseins-Punkten“ für „nachhaltige Entscheidungen“ durch den Kauf ökologisch wertvoller Materialien bei globalen Textilketten wie H&M.
Wie dieses Glücksversprechen von Schwab und Co. wohl in der Realität aussehen wird, beschreibt die kanadische Autorin, Journalistin und Antikapitalisten Naomi Klein: „Es ist eine Zukunft, in der unsere Wohnungen nie mehr ausschließlich persönliche Räume sind, sondern über digitale Hochgeschwindigkeitsverbindungen auch zu unseren Schulen, unseren Arztpraxen, unseren Fitneßstudios und, falls der Staat dies bestimmt, auch zu unseren Gefängnissen werden.“
Über die Autorin:
Bernadette Conrads ist seit 2013 als freie Journalistin in verschiedenen alternativen Medien tätig. Als Studentin der Politikwissenschaft sowie parlamentarische Mitarbeiterin eignete sie sich ein Verständnis für politische Systeme an. Seit 2020 ist Conrads für den oberösterreichischen „Wochenblick“ tätig, seit Februar 2022 als Chefredakteurin.