von Mario Kandil
Kalendarium Kandili (55)
70 Jahre sind am 23. Februar vergangen, seit die Verfilmung von Carl Zuckmayers Drama Des Teufels General im Kino uraufgeführt wurde. „Vergangenheitsbewältiger“ verweisen nur zu gerne darauf, daß mit diesem Film den Nachkriegsdeutschen der Spiegel vorgehalten worden sei. Doch diese volkspädagogische Ansicht greift allzu kurz.
Die Vorlage für den vom Regisseur Helmut Käutner 1954 gedrehten Film bildete das von Zuckmayer 1943 bis 1945 im US-Exil geschriebene Drama, bei dem für die von Curd Jürgens gespielte Figur des Luftwaffengenerals Harry Harras der Flieger und Luftwaffengeneral Ernst Udet Pate stand. So war denn auch die Handlung des Filmes nicht werkgetreu, sondern eine freie Bearbeitung, der Zuckmayer zugestimmt hatte. Manche Szenen wurden eingefügt, einige Figuren abgeändert – so der von Victor de Kowa gespielte SS-Gruppenführer Schmidt-Lausitz und der von Karl John dargestellte Oberstingenieur Karl Oderbruch.
Im Kern geht es darum, daß der im Ersten Weltkrieg hochdekorierte Harras, ein persönlicher Freund Hermann Görings, sich trotz seiner inneren Distanz zur NS-Diktatur und seines meist harmlosen Spotts über ihre Ideologie mit dieser nicht lediglich arrangiert, sondern in ihrem Rahmen gezielt Karriere macht. Um in der Luftwaffenhierarchie voranzukommen, verkauft er wie Goethes Faust seine Seele dem Teufel. Nachdem Harras einen Anwerbeversuch der SS zynisch abgelehnt hat, läßt diese ihn ihre ganze Macht und seine Ohnmacht spüren, und dies öffnet dem Luftwaffengeneral schlagartig die Augen über den Charakter des Regimes. Als ihm Oderbruch gesteht, daß er als Ingenieur Sabotage an einem neuen Bomber der Luftwaffe betrieben habe, um das Hitler-Regime zu schwächen, entschließt sich der General hierzu: Er flieht nicht, wie es Oderbruch anrät, in die Schweiz, sondern besteigt einen der fehlerhaften Bomber, steuert ihn in eine Baracke und tötet sich selbst. Schmidt-Lausitz, den er dabei mit „in die Hölle“ nehmen will, überlebt und meldet Heinrich Himmler, Harras sei bei einem Testflug umgekommen. Das von Himmler angeordnete Staatsbegräbnis für Harras verdeckt, was sich tatsächlich abgespielt hat.
Über die NS-Zeit hinaus zeigt Des Teufels General auf, wie rasch ein Mensch sich durch Mitwirkung in einem totalitären System kompromittieren kann. Und dies gilt auch für solche Systeme, die freiheitlich zu sein vorgeben, de facto jedoch von Unfreiheit geprägt sind.
Über den Autor:
Dr. phil. Mario Kandil M.A., geb. 1965, studierte in Aachen Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte und Politische Wissenschaft und promovierte in Hagen. Nach langjähriger Tätigkeit im universitären Bereich und in der Erwachsenenbildung heute freier Historiker und Publizist. Forschungsschwerpunkte: Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons I. sowie der Nationalstaaten, Weltkriege und Kalter Krieg.