Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Erzgebirge – Weihnachtsland, Märchenland

von Reinhild Bauer

Brauchtum (33)

Eine märchenhafte Zeit sind die Weihnachtstage für kleine Leute und bleiben es für die meisten bis in hohe Alter, einerlei ob die germanische Sonnenwende oder das Christfest gefeiert wird. Mit dem Zauber der Kerzen, des Weihnachtsbaumes und der Heimeligkeit fühlt sich dieses Fest jedes Jahr wieder wie ein lebendiges Märchen an. Bei vielen sind die Weihnachtseindrücke untrennbar mit der zierlichen Dekoration der erzgebirgischen Tiere, Bäume, Pyramiden und Schwibbögen verbunden.

Das Erzgebirge ist der Flecken Erde, wo das ganze Jahr über Weihnachten ist.  Es ist der Entstehungsort der holzgeschnitzten, filigranen Figuren und Pyramiden. Als Bergbauregion mit über 500 Jahre alter Bergbautradition sind die Bräuche und die hergestellte Dekoration auch unweigerlich mit diesem Beruf verbunden. Daher schafften es der Bergmann und der Schnitzer als Weihnachtsdekoration bis nach Amerika. Als die Erzvorkommen in den Stollen immer weniger wurden, mußte sich die Bevölkerung nach alternativen Erwerbsmöglichkeiten umsehen. Dazu machten sie am Feierabend das Kunsthandwerk zum Beruf und exportierten schon bald ihre Schnitzereien in weite Fernen: Schwibbögen mit Bergmännern, Weihnachtspyramiden mit Stollen und Bergbauszenerien, die Seiffener Kirche mit Kurrenden und die Räuchermännchen.

Im Erzgebirge wird nicht nur das ganze Jahr auf Weihnachten hingearbeitet, die Weihnachtszeit wird dort auch besonders lange gefeiert. Am Samstag vor dem ersten Advent wird „Gelichtelt“, da gehen in allen Fenstern die Lichter der Schwibbögen an. Die Schwibbögen symbolisieren das Licht, welches für die Bergleute eine tiefe Bedeutung für die Hoffnung und Zuversicht hat. Sie bilden traditionell einen Bergmann, einen Engel, einen Schnitzer und eine Klöppelfrau ab.

Wichtige Bräuche in der Weihnachtszeit sind auch die Hutzenabende. Früher wollte man Feuerholz und Licht sparen und traf sich immer in einer Stube, um dort gemeinsam zu schnitzen und zu klöppeln. Währenddessen sang man Lieder, erzählte Märchen und genoß Weihnachtsbäckerei. „Hutzen“ würde man mit „Zusammenrücken“ übersetzen. 

Die Mettenschicht ist die letzte Schicht vor Weihnachten und wird heute als Weihnachtsfeier der Bergleute in den vielen Schaubergwerken noch gefeiert. Doch als besonderer Höhepunkt gelten die Festumzüge und Paraden der Bergleute, die damit das Licht durch alle Städte und Dörfer tragen. Das Ende der Weihnachtszeit im Weihnachtsland ist erst zu Lichtmeß. Vierzig Tage nach Weihnachten, am 2. Februar, wird in der Kirche die Rückkehr des Lichtes gefeiert. Im Erzgebirge verlöschen an diesem Tag die Kerzen in den Fenstern, und die Weihnachtsdekoration wird eingepackt. Doch vorerst stecken wir mitten im Zauber der Weihnachtszeit. Frohe Weihnachten!

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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