Die Neujahrsbrezel – ein schwäbisches Sinngebäck

von Reinhild Bauer

Brauchtum (24)

Das Knallen der Sektkorken und Raketen ist kaum verhallt, da startet in den schwäbischen Backstuben ein reger Betrieb. Die Neujahrsbrezeln wollen rechtzeitig fertig gestellt sein! Das süße Hefebrot in Form einer Brezel aus gedrehten Strängen oder mit aufwändigen, traditionellen Mustern gehört in Schwaben zu den noch heute beliebten Neujahrsbräuchen. Auch aus dem Elsaß und dem Badischen ist dieser Brauch überliefert.

Die Neujahrsbrezel wird traditionell als Glücksbringer an Freunde und Verwandte verschenkt oder zum Frühstück am Neujahrstag gegessen. In manchen Gegenden ist es auch üblich, daß die Kinder von ihren Paten eine Brezel zum Jahresbeginn erhalten. Jeder, der von diesem Gebäck ißt, soll im neuen Jahr Glück, Wohlergehen und Wohlstand erhalten. Daher gibt es die Sage, daß unsere Vorfahren auch das Vieh damit gefüttert hätten. Die Symbolik der Brezel als Kreislauf des Lebens und eines Jahres, das am Neujahrstag wieder neu beginnt, ist die Grundlage für diese Tradition.

Die Herkunft dieses schwäbischen Glücksbringers geht auf die uralte Tradition unserer germanischen Vorfahren zurück, an besonderen Festtagen Gebäck in symbolischen Formen zu backen. Der Überbegriff und Urbrauch von allen aus Hefeteig gebackenen Symbolen nennt sich Sinngebäck oder Gebildbrote. Sie stellen stets lebensbejahende Symbole für Fruchtbarkeit, Wohlstand, Gesundheit, Liebe und Glück dar. Sinngebäck hat sich regional unterschiedlich weiterentwickelt und verfestigt, sodaß es nun z.B. im Schwäbischen besagte Brezel gibt, die Osterpinze in der Steiermark und den Allerheiligenstriezel in ganz Österreich.

 Wie es zu dem Brauch des Sinngebäckes an sich kam, ist nicht ganz eindeutig belegt. Die Gestalt des Zopfes soll jedoch daher rühren, daß in vorchristlichen Zeiten den Männern der Zopf ihrer Gattin mit ins Grab gelegt wurde. Dieser Brauch änderte sich zur Schonung der Haarpracht insofern, als aus Hefeteig ein Zopf gebacken wurde, der als Grabbeigabe diente. Daraus entwickelte sich der Zopf oder eben Hefegebäck allgemein zu einer Totenspeise, die an hohen Festtagen des Jahreslaufes gefertigt wurde. Zuerst wurde diese nur als Opfer für die Ahnen verwendet, bis das Gebäck schließlich als Glücksbringer auch gegessen wurde. Die Christen wiederum sehen insbesondere im Osterzopf das Symbol der Verflechtung von Mensch und Gott.

In diesem Sinne – ein frohes neues Jahr!

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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