Heimatkurier

„Die EU ist drauf und dran,die Landwirtschaft in Europa umzubringen!“

Gespräch mit dem FPÖ-Agrarsprecher im EU-Parlament Roman Haider

Konrad Markward Weiß: Früher hat man, überspitzt formuliert, im Zusammenhang mit der EU bzw. damals noch EG fast nur von Landwirtschaftsthemen gehört, Stichwort Überproduktion oder Subventionen oder Gurkenkrümmungsverordnung. Das hat sich umgekehrt, jetzt hört man gerade aus dem Landwirtschaftsbereich fast überhaupt nichts mehr. Ist das also ein Beispiel für eine Erfolgsgeschichte der EU?

MEP Roman Haider: Ich glaube, daß die etablierten Medien einfach nichts mehr darüber schreiben wollen, und wenn es so weiter geht, wird es in Zukunft auch nichts mehr über die Landwirtschaft zu schreiben geben, zumindest nicht über die kleinteilige, die wir aus Österreich kennen. Weil sie schlicht und ergreifend umgebracht worden sein wird von den EU-Eliten, die in Wahrheit nur noch Konzerninter­essen vertreten. Mit der Agrarstrategie „Farm to Fork“ und mit den einschlägigen Begleitgesetzen wie der „Renewable Energy Directive“, also der Erneuerbare-Energien-Richtlinie oder des „Nature Restoration Law“, dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur – im Erfinden von Euphemismen ist die EU ja großartig – oder auch mit der Pestizid- und Pflanzenschutzmittelverordnung „Sustainable Use Regulation“: Mit alldem ist die EU drauf und dran, die Landwirtschaft umzubringen.

Und das weiß man in der EU auch: Als die Agrarstrategie „Farm to Fork“ von der EU-Kommission dem Parlament zur Beschlußfassung übermittelt wurde, hat die Kommission die Folgenabschätzung des kommissionseigenen Forschungsinstitutes, die ja bei jeder Gesetzesinitiative mitgeliefert werden muß, zurückgehalten und ein Jahr lang nicht mitgeliefert. Alles, was ich jetzt an Zahlen nenne, kommt nicht von uns oder von mir, sondern von der EU-Kommission selbst. Als die Folgenabschätzung dann am Tisch gelegen ist, haben wir gewußt, warum sie so lange zurückgehalten worden war: Durch diese Agrarstrategie „Farm to Fork“ und ihre Nebengesetze sinkt die Nahrungsmittelproduktion in der EU in den nächsten Jahren um zehn bis zwanzig Prozent. Dieser Produktionsrückgang ist von der EU gewollt – weil ja die Landwirtschaft so unerhört klimaschädlich ist nach deren Logik, wegen der Verdauungsgase, die auf gut Deutsch gesagt bei den Viechern hinten und vorne herauskommen. Und nicht nur die Hörndlbauern, auch die Körndlbauern, also diejenigen, die Feldwirtschaft betreiben, sind ja mit ihren Pestiziden und Düngemitteln ganz unerhört klimaschädlich, und deswegen gehört das für die EU alles abgeschafft.
Europa wird auf diese wahnsinnige Art und Weise vom Nahrungsmittelexporteur, der wir derzeit sind, zum Nahrungsmittelimporteur. Wir begeben uns daher jetzt auch im Nahrungsmittelsektor sehenden Auges in die nächste Abhängigkeit – neben dem militärischen, dem technologischen, dem wirtschaftlichen Sektor, wo wir jetzt schon abhängig sind, in die Abhängigkeit von China, von Rußland, von den USA, von Südamerika etc. und treten in Zukunft, weil wir ja Importeur werden, mit unseren bisherigen Absatzmärkten in Konkurrenz.

Das heißt, es wird weniger produziert, es kommt mehr aus dem Ausland herein, und damit steigen die Preise. Das steht auch in der erwähnten Folgenabschätzung – die Preise werden steigen: 58% plus beim Rindfleisch, 48% Preissteigerung beim Schweinefleisch, 36% bei der Milch, 18% beim Getreide, 12,5% bei den Ölsaaten und so weiter. Dar­über schreibt kein Mainstreammedium in Österreich. Dabei steht das alles in den EU-eigenen Papieren.

Es sind aber nicht nur die Mainstream-Medien in Österreich, die diesbezüglich sehr still sind, sondern auch die Bauernvertreter und die Bauern selbst. Wenn man nach Frankreich schaut – von dort kennt man schon seit Jahrzehnten spektakuläre Aktionen, wo vor McDonald‘s-Filialen oder dem dortigen Gegenstück zu unseren Bezirkshauptmannschaften als Protest Äpfel oder Mist abgeladen werden. Sogar in der BRD haben die Bauernproteste – bis sie zugedeckt worden sind vom konstruierten „Potsdam-Skandal“ – einiges an Aufsehen erregt. Bei uns in Österreich ist es diesbezüglich sehr ruhig. Woran liegt das?

An der ÖVP und am Bauernbund, weil in Österreich ein System der Abhängigkeit geschaffen wurde, wo die Bauern sich praktisch nicht mehr aufzumucken trauen, weil der allmächtige Bauernbund dann sofort „drüberfährt“ und mit Subventionskürzungen und Streichungen droht. Wir haben ja im Agrarbereich schon lange keinen freien Markt mehr. Und darum sagen wir Freiheitlichen, daß wir diese total vergemeinschaftete Landwirtschaftspolitik wieder renationalisieren müssen. Die soll wieder dem wahnsinnigen Zugriff der EU entzogen werden, denn die Leidtragenden sind vor allem die kleinen Landwirte, die wirklich ums Überleben kämpfen, wo es nicht um irgendwelche Reichtümer geht. Denn gerade die sollen massiv beschnitten werden, das steht ja klipp und klar in der Landwirtschaftsstrategie: Die normale, herkömmliche Lebensmittelproduktion soll reduziert werden, um zehn bis zwanzig Prozent, und stattdessen sollen „alternative Proteinquellen“ forciert werden.

Was versteht man darunter? Wir sollen unseren Proteinbedarf in Zukunft aus Algen und Insekten decken. Mit solchen Wahnsinnigkeiten kommt die EU, und das Allerschlimmste ist, daß das alles schon beschlossen ist. Und in den nächsten Jahren müssen es die Mitgliedstaaten nachvollziehen, und da kommt man jetzt langsam bei den Betroffenen drauf, und darum wundern mich auch die Bauernproteste überhaupt nicht. Und es gehört noch viel mehr protestiert! Und darum unterstützen wir diese Bauernproteste auch.

Wie sieht denn das Abstimmungsverhalten der ö­sterreichischen Vertreter im EU-Parlament diesbezüglich aus?

Die einzigen, auf die man sich wirklich verlassen kann, sind wir Freiheitlichen – wir lehnen all diese absurden Ideen strikt ab. Der Fairneß halber muß man sagen: Wenn es um den Einsatz der neuen genomischen Techniken geht, der leider beschlossen wurde im EU-Parlament, da haben die österreichischen Abgeordneten über alle Parteien hinweg dagegen gestimmt.

Ansonsten kann man sagen: Die Linken, also SPÖ, Grüne und NEOS, stimmen tendenziell für das, was die EU-Kommission will und was den Bürgern zu Hause schadet. Die ÖVP stimmt einmal so und einmal so. Wir Freiheitlichen haben eine ganz konsequente Linie: Dort, wo in die Agenden der Mitgliedstaaten eingegriffen wird oder wo die Interessen der Bürger, der Konsumenten, geschädigt werden, dort, wo diese EU-Regelungen zu einer enormen Teuerung führen und zu Nachteilen für die eigene Bevölkerung, da stimmen wir konsequent dagegen. Das ist für uns eine ganz klare Sache.

Danke für das Gespräch!

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