von Reinhild Bauer
Brauchtum (27)
Die deutsche Brotkultur ist immaterielles Weltkulturerbe und ist damit offiziell anerkannt als kulturelle Ausdrucksform, die von handwerklichem Können getragen wird. Diese Handwerkskunst ist sehr alt. Schon aus den germanischen Zeiten ist überliefert, daß gestampfte Körner mit Wasser angerührt, vergärt und sodann in der Feuerglut gebacken wurden. Damals war es freilich noch Glückssache, ob aus dem Teig ein guter Sauerteig wurde. Heute gibt es Sauerteigansätze, die im Kühlschrank ganz einfach einige Wochen überdauern können und bei guter Fütterung uralt werden können. Die älteste heute noch betriebene Bäckerei wurde bereits 1591 in der Darmstädter Kirchenchronik erwähnt.
Über 3.200 Rezepte weist das Register des Deutschen Brotinstitutes – ja, so etwas gibt es tatsächlich – auf. Da aber nicht jeder Bäcker seine neuen Kreationen direkt meldet und so manche Bäuerin ihre eigenen Geheimnisse ums Backen hat, wird diese Zahl nur als ein minimaler Ausgangswert gesehen. Vom traditionellen Roggensauerteigbrot bis zum hellen Frühstücksbrötchen gibt es Variationen und regionale Besonderheiten in Hülle und Fülle. Vor allem Mischbrote, aus verschiedenen Mehlen und mit Saaten und Körnern bestreut, stehen zur Zeit hoch im Kurs. Die beliebtesten Mehlsorten sind seit jeher Roggen und Dinkel gewesen, da diese Getreide hierzulande besonders gut wachsen.
Ob Pausenbrot, Abendbrot, Frühstücksbrot oder Brotzeit – Deutsche essen zu jeder Tageszeit gerne Brot. Urlauber und Weltenbummler melden oftmals als größten Mangel im Ausland das deutsche Brot. Unzählige Backbücher finden sich auf dem Büchermarkt – und es werden ständig mehr. Im „Lockdown“ war eine der am häufigsten neu aufgenommenen Freizeitbeschäftigungen das Brotbacken.
Tischsprüche, Gebete, Redewendungen und Volkslieder preisen das Brot und geben ein Abbild der immensen Bedeutung dieses Backwerkes in unserer Kultur wieder. Brot und Salz wird noch heute zum Einzug ins neue Heim als Symbol für genug Nahrung und ein sorgenfreies Leben unter diesem Dach geschenkt. Und wer kennt nicht die in der Überschrift zitierte Zeile des uralten Volksliedes Es klappert die Mühle? Selbst im Vaterunser wird das Brot genannt, und geflügelte Worte wie Broterwerb oder brotlose Kunst liegen heute noch auf vielen Zungen. Brot galt unserem Volk stets als Synonym für Nahrung und Wohlstand, und diese Verknüpfung hat sich bis heute gehalten.
Über die Autorin:
28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.