Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Das offizielle Logo der Minority SafePack-Initiative.
Graphik: Wikipedia/Diedrichsen1975/CC BY-SA 4.0

EU brüskiert Minderheiten

Zum Scheitern der Minority SafePack-Initiative

Die europaweit durchgeführte Bürgerinitiative Minority SafePack Initiative (kurz: MSPI) für eine Verbesserung der Minderheitensituation in Europa wurde von der EU-Kommission abgewiesen. Für die betroffenen Volksgruppen ist diese Vorgangsweise nicht nur eine große Enttäuschung, sondern auch eine Abwertung ihrer berechtigten Interessen als EU-Bürger. Um was geht es genau?

Ein Beitrag von Dr. Bruno Burchhart

Die Europäische Bürger Initiative (EBI) ist eine Einrichtung der Europäischen Union, die seit dem Vertrag von Lissabon 2007 / 2009 allen EU-Bürgern offensteht, um Gesetzesvorschläge an die EU-Kommission heranzutragen. Denn bisher ist allein diese berechtigt, Gesetze vorzuschlagen. Viele Bürger wissen dabei gar nicht, daß ihnen diese EBI offensteht, um Gesetzesvorhaben zu initiieren. Wenn mehr als eine Million Unterstützungserklärungen in mindestens einem Viertel der EU-Staaten innerhalb eines Jahres für Gesetzesvorschläge zusammenkommen, können diese der Kommission vorgelegt werden, die dies dann zu behandeln hat.

Eine solche Initiative hatte nun die Föderative Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) als Vertreterin von mehr als 90 Minderheiten in 30 Staaten Europas durchgeführt. Immerhin ist jeder siebente EU-Bürger Angehöriger einer Minderheit. Innerhalb eines Jahres wurden schließlich knapp 1,2 Millionen beglaubigte Unterschriften in sieben EU-Staaten innerhalb eines Jahres erreicht: Eine gewaltige Leistung. Schon die Einreichung der Gesetzesvorschläge hatte etliche bürokratische Hürden zu überwinden, wurde das fertige Anliegen doch zuerst von der EU-Kommission zurückgewiesen, mußte aber nach Urteil des Europäischen Gerichtshofes letztlich doch angenommen und vertragsgemäß behandelt werden. Die „Minority SafePack“ genannte Bürgerinitiative sollte mittels folgender Vorschläge zu folgenden Gesetzesmaßnahmen der Kommission führen: Empfehlung zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, Förderprogramme für kleinere Sprachgemeinschaften, Schaffung eines Zentrums für Sprachenvielfalt, Aufnahme in die Ziele des EU-Fonds für regionale Entwicklung vom Schutz nationaler Minderheiten und Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, Forschung über den Mehrwert von Minderheiten in der Gesellschaft, Freiheit der Leistung und Inanspruchnahme audiovisueller Inhalte in den Minderheitenregionen, bedingungslose Einbeziehung der Minderheiten in regionale und staatliche Förderprogramme zur Erhaltung von Kultur, Medien und Kulturerbe, u.a.m.

50 Millionen EU-Bürger gehören nationalen Minderheiten an

Ohne, daß die Bürokraten der EU-Kommission nun näher auf die wohlbedachten Vorschläge eingegangen wären, wurde dieses Vorhaben abgelehnt. Durch die Initiative wäre nicht nur die vielgepriesene Vielfalt innerhalb Europas, sondern vor allem so manchen Benachteiligungen von Volksgruppen ein Riegel vorgeschoben worden. So aber wurden nicht nur den Unterzeichnern, sondern besonders den Angehörigen der vielen Minderheiten Hilfestellung bei ihren Anliegen verweigert. Auch für diejenigen, welche die Minderheiten unterstützen ist das ein schwerer Schlag. Etwa 50 Millionen EU-Bürger, die zu nationalen Minderheiten gehören wurden so im Stich gelassen, die in ihren Staaten Ungleichheiten erleben müssen. Man denke nur an die Situation der deutschen Volksgruppe in Slowenien, die 75 Jahre nach Weltkriegsende und knapp zwanzig Jahre nach den Kopenhagener EU-Beschlüssen zur Anerkennung von Minderheiten trotz vielfacher Ermahnungen durch das Europaparlament von Slowenien immer noch nicht anerkannt wurde.

Bürgerferne und arrogante EU-Kommission

Daß die allmächtige EU-Kommission diese Bürgerbeteiligungsinitiative verweigert hat, ist ein schlechtes Zeichen für das Demokratieverständnis in Europa. Zwar ist bekannt, daß in etlichen Staaten die Bürgermitsprache mit solchen Instrumenten wie in Österreich (Volksbegehren, Volksbefragung, Volksabstimmung) nicht üblich sind. Wenn man aber die zunehmende Europamüdigkeit und Europaskepsis beobachtet, sollten die Staatenlenker doch eine verstärkte Bürgermitsprache in Betracht ziehen. Die EU-Kommission sollte eher eine Hüterin von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Würde und Gerechtigkeit sein und nicht Bürgerinteressen verhindern. Trotz allem aber werden die bisherigen Unterstützer-Organisationen weiterhin ihr Möglichstes für die Hilfe der Volksgruppen leisten.

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