Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Berg Heil!

von Reinhild Bauer

Brauchtum (34)

Der Gruß in den Bergen ist so alt wie die Bewanderung der Berge selbst. Grüßen an sich ist der Beginn jeder menschlichen Interaktion, ob durch eine Geste oder durch Worte. Die Wahl des Grußes zeigt zugleich ob man einander gut gesinnt oder noch fremd ist oder einer bestimmten Gruppierung angehört. Der Gruß schafft die Grundlage an Wohlwollen oder Distanz zum Gegenüber und ist dadurch trotz der Kürze von unschätzbarer Bedeutung.

„Berg Heil!“ als Gruß unter Wanderern, insbesondere des Alpenvereines, ist eine Abwandlung des aus mittelalterlichen Liedern überlieferten „Guthaal“. Aus dem höfischen Leben im Mittelalter ist auch überliefert, daß zu Beginn von Zweikämpfen mit „viel guot heil“ gegrüßt wurde. Er findet sich dann in Brauchtumssprüchen aus dem 18. Jh., und besonders große Verbreitung erlangte er schließlich durch die Jahnsche Turnerbewegung Anfang des 19. Jh.  Im weiteren Verlauf dieses Jahrhunderts entwickelten sich mit der Gründung vieler Vereine und Gilden diverse Abwandlungen wie zum Beispiel das „Petri Heil!“ unter Anglern. Das aus der Jägersprache stammende „Waidmannsheil!“ hat sich parallel zum „Gut Heil!“ bereits sehr früh entwickelt.

Ziel eines eigenen Grußes war, von Beginn jedes Zusammentreffens an ein vertrautes Gefühl zu schaffen. Zudem beinhaltet der Heilsgruß als einzige Grußformel in jeder Abwandlung den Wunsch ans Gegenüber nach Gesundheit, Unversehrtheit, Glück und Gelingen. Das Wort „Heil“ als Gruß zu verwenden, ist der umfassenden Bedeutung dieses Wortes geschuldet, welches noch aus germanischen Zeiten übriggeblieben ist. Das Heil eines Menschen wurde bei den Germanen als höchstes Gut angesehen. Es galt als Eigenschaft, die kommen und gehen konnte, die sich bei jedem Menschen in anderen Bereichen zeigte. Es bedeutete, erfolgreich zu sein, aber auch bewußt danach zu streben. Es ist der Begriff für ganzheitlich gut.


Die Bemühungen, alte Bräuche und Sitten zu verscheuchen, machte selbst vor den Bergen nicht halt. Die sozialistische Vereinigung der Wanderer aus Arbeiterkreisen, genannt Naturfreunde, eroberte um die Jahrhundertwende immer mehr die Berge und bot dem Alpenverein, der die Berge für sich beanspruchte, trotzig die Stirn. Ihr seit 1900 existierender Gruß „Berg frei!“ gleicht einer Kampfansage. Wenig verwunderlich, daß er sich nicht durchsetzte und heute, wo die Berge jedermann offen stehen, kaum noch genannt wird.

 
Heute schallt über allen Höhenzügen das inhaltslose „Hallo!“, neben den traditionellen „Griaß Di!“ und „Grüß Gott!“. Wer aber seinem Gruß mehr Inhalt verleihen will als nur eine leere Grußformel, sollte sich wieder der alten Worte bedienen.

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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