stock.adobe.com/Stockfotos-MG

„American way of life“ aus  Oberfranken

von Mario Kandil

Kalendarium Kandili (16)

Auch etwas so Alltägliches wie eine Hose kann bisweilen derart für Furore sorgen, daß es angemessen ist, ihr eine Ausgabe des Kalendariums zu widmen. Dies gilt zum Beispiel für die Jeanshosen, die sich der deutsch-amerikanische Unternehmer Levi Strauss vor 150 Jahren, am 20. Mai 1873, gemeinsam mit einem Kompagnon patentieren ließ.

Levi Strauss, der zusammen mit seinem Geschäftspartner Jacob Davis als Erfinder der Jeans gilt, stammte aus Deutschland, wo er auch seine Jugend verbrachte. Als Löb Strauss in Buttenheim bei Bamberg am 26. Februar 1829 als Sohn jüdischer Eltern geboren, sah sich der spätere Geschäftsmann 1846 mit dem Tod seines Vaters, eines mittellosen Hausierers, konfrontiert. Dergestalt in wirtschaftliche Not geraten wanderte seine Mutter mit dem Knaben und zwei seiner Schwestern in die USA aus, wo bereits die beiden ältesten Strauss-Brüder lebten und mit Textilien handelten. In deren Geschäft engagierte sich Löb, der sich von nun an Levi nannte und US-Staatsbürger wurde.

In San Francisco, das um 1850 Scharen von Goldgräbern anzog, gründete Levi Strauss zusammen mit seinem Bruder Louis und seinem Schwager 1853 einen Handel für Kurzwaren und Stoffe, in dem auch Ausgehkleidung für die Wildwestpioniere erhältlich war. Seine Waren nicht nur in der Stadt, sondern auch vor Ort bei den Goldgräbern verkaufend erkannte Strauss bald, daß diese für ihre Arbeit robuste Hosen benötigten. Der indigoblau gefärbte Baumwollstoff für diese wurde in Genua (frz.: Gênes, wovon das Wort Jeans abgeleitet ist) erprobt und in Nîmes gefertigt. Aus „de Nîmes“ (dt.: aus Nîmes) wurde mit der Zeit Denim, der Name für das bald weltberühmte Tuch.

Als im Dezember 1870 der Schneider Jacob Davis die Idee hatte, die Ecken der Hosentaschen und das untere Ende des Hosenlatzes mit Nieten eines Pferdegeschirrs zu verstärken, waren die Jeans geboren. Davis, der das für die Patentierung nötige Geld nicht besaß, sah sich von Strauss unterstützt und erhielt gemeinsam mit diesem am 20. Mai 1873 das entsprechende Patent. Schnell erfreuten sich die Nietenhosen einer großen Nachfrage.

Die Erfolgsgeschichte des Levi Strauss ist nicht nur ein Exempel für deutschen Unternehmergeist, der sich auch in der Fremde zu bewähren vermag, sondern bedient natürlich auch das Klischee vom Tellerwäscher, der es durch Fleiß und Geschäftssinn ganz nach oben schaffen kann. Daß sich der am 26. September 1902 verstorbene Levi Strauss zudem als Philanthrop betätigte, rundet das Bild eines Erfolgsmenschen ab.

Über den Autor:

Dr. phil. Mario Kandil M.A., geb. 1965, studierte in Aachen Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte und Politische Wissenschaft und promovierte in Hagen. Nach langjähriger Tätigkeit im universitären Bereich und in der Erwachsenenbildung heute freier Historiker und Publizist. Forschungsschwerpunkte: Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons I. sowie der Nationalstaaten, Weltkriege und Kalter Krieg.

Beitrag teilen

Facebook
Twitter
Email
Telegram
Print