Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Alemannisches Brauchtum

von Reinhild Bauer

Brauchtum (40)

Alemannen – der Stamm ohne eigenen Staat, verteilt auf fünf Länder, auf zahlreiche Täler, der bis heute allen Bedingungen der Globalisierung und Gleichmacherei zum Trotz seine Sprache und seine Traditionen erhalten hat.

Die typisch alemannischen Feste ihrerseits sind in drei wesentliche Kategorien einteilbar: zunächst die Frühlings- und Sommerbräuche mit dem Hauptmerkmal Feuer. Vor allem große Feuerstöße spielen eine zentrale Rolle, aber auch der schlichte Fackelzug darf nicht fehlen. Es folgen die Herbstfeiern mit dem Hauptthema Erntedank und dem rituellen Trinken, Essen und Tanzen. Das Jahr beschließen und neu beginnen dürfen die Winterbräuche mit urigen, wilden Masken. Sie dauern von November bis Fasnacht an. Insgesamt sind wesentliche Elemente der meisten Bräuche Lärm, laute Musik, wildes Treiben und aufwendige Kostüme. Diese Einteilung und auch die Inhalte würde man nach heutigem Forschungsstand allesamt den Germanen als Erfindern zusprechen, mit relativ wenig bis gar keinem christlichen Einfluß, und doch orientiert sich der alemannische Jahreslauf strikt am katholischen Kirchenjahr. Es darf somit als Eigenart der Alemannen gesehen werden, daß die vorchristlichen Traditionen des Germanenstammes überliefert wurden mit einer Eingliederung in einen neuen, christlichen Kalender.

Der Alemanne ist sich selbst treu geblieben.

Sind die alemannischen Bräuche wilder und archaischer oder einfach nur anders? In den deutschen Landstrichen außerhalb der Berge wurden viele Traditionen und Eigenheiten verwaschen und verändert. Der Alemanne ist sich selbst treu geblieben. Vielleicht spielt die rauhe Natur, der Lebensraum dieses Stammes, dabei eine Rolle und erklärt auch, warum die Winterbräuche den größten Teil an Traditionen umfassen und diese auch mit der größten Inbrunst begangen werden.

Der Beginn der Weihnachtszeit ist das Klausjagen. Diesem Brauch wurde zumindest noch vor einigen Jahrzehnten deutlich mehr Bedeutung beigemessen als Weihnachten selbst. Es leitet die Maskenumzüge ein. Diese werden traditionell von Männern gebildet. Den Kopf des Zuges bilden die Kläuse, welche riesige, bunt leuchtende Lichter auf dem Haupt tragen – die Infuln oder Iffele. Dahinter stürmen lärmende junge Männer in weißen Hirtenhemden. Das Dorf wird erfüllt von Hornstößen, knallenden Peitschen und klingelnden Schellen.

 Ein besonders wichtiger Tag für alle Alemannen, der aber in jedem der fünf Staaten heute anders begangen wird, ist der Funkensonntag, der erste Sonntag nach dem Aschermittwoch. Die Vorarlberger bringen mit der Größe ihrer Feuer, die schon mehr einer brennenden Burg gleichen, die Bedeutung dieses Festes zum Ausdruck, während die Liechtensteiner vor allem viele Feuer entfachen – auch wenn die Zahl in den letzten Jahren gesunken ist. Wesentlich dafür sind die alten, trockenen Weihnachtsbäume, die in den „Funken“ miteingebaut werden.

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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