Begegnungen am Weg (2)
von Ronald F. Schwarzer, Impresario, Waldgänger & Partisan der Schönheit
Karfreit/Kobarid, ein strahlender Julitag. Eben habe ich mit meinem Freund Univ. Doz. Dolenz das hervorragende Privatmuseum der Ortschaft zum Ersten Weltkrieg besucht, und wir schicken uns an, weiter nach Tolmein zu reisen. Ein Pärchen spricht uns an, junge, hübsche Menschen, eben maturiert; ob wir sie wohl im Wagen ein Stück mitnehmen wollten. „Gerne! Bis Tolmein, wenn´s recht ist.“ Die jungen Menschen steigen ein, und um peinliches Schweigen zu vermeiden, frage ich sie, ob sie wohl auch das Privatmuseum, die einzige Sehenswürdigkeit von Karfreit, besucht hätten.
„Welches Museum?“
„Na das über die Isonzoschlachten!“
„Welche Isonzoschlachten?“
„Na damals im Ersten Weltkrieg!“
„Welcher Weltkrieg genau?“
Gut, ich stelle fest, daß bei den Jungmaturanten wohl fundamentale Bildungslücken vorliegen. Je nun, mir sitzt nun mal der Schalk im Nacken! So wende ich mich nochmals zu den Fahrgästen, in unbeschwerten Plauderton:
„Kennt´s ihr den Grillparzer?“
„Ne, ich nich, aber vielleicht meine Freundin! Die ist so´n Bücherwurm“, tönt es mit reichsdeutschem Akzent zurück. Auf Nachfrage beteuern die jungen Menschen allerdings, daß sie, wie auch ihre Eltern, durchaus aus Wien stammen würden.
„Zu viel Fernsehen?“
„Nein, auch Internet!“
„Zurück zu Grillparzer, war der jetzt eigentlich wirklich ein Nazi, wo er doch Kolumnist beim Völkischen Beobachter war?“
Kurze Einrede meines Freundes, der meint, daß ich da irre, Grillparzer wäre vielmehr Autor im Stürmer gewesen. Ich widerspreche, doch wir verschieben die Klärung dieser Detailfrage auf später.
„Was war jetzt also mit diesem Grillparzer? War er, oder war er nicht?“
„Ne ne, so´n richtiger Nazi war er nich!“, beteuert das Fräulein, und ihr Gefährte ergänzt:
„Bißchen Nazi war damals jeder!“