Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Quellen der Tradition

von Reinhild Bauer

Brauchtum (45)

Wasser gilt als Elixier des Lebens und wird in vielen Religionen als Element mit göttlicher Kraft verehrt. Auch unsere frühen Vorfahren, die Germanen, erkannten für sich eine große Bedeutung in Quellen, Flüssen und Seen. Auch im Christentum finden wir diese wieder – das bekannteste und wichtigste Ritual ist  die Taufe.

Wasser bedeutet Energie, Reinheit, Lebenskraft und symbolisiert mit den Gezeiten der Meere auch den Kreislauf des Lebens. Dies alles und auch der praktische Nutzen als Energie, Reinigungsmittel, Fortbewegungshilfe und so fort spiegeln sich in Ritualen und Traditionen wider. Es wurden Quellen nach Gottheiten benannt und spirituell erfahrene Leute zum Schutz dieser Wasser abgestellt. Heute ist bekannt, daß einige Quellen, die als besonders heilsam galten und in grauer Vorzeit bereits genutzt und beschützt wurden, besondere heilsame Merkmale aufweisen.

Beispiele von Bräuchen, die an Gewässer gekoppelt sind, gibt es viele. Das Osterwasserholen ist ein stiller Reinigungsbrauch, bei dem Flüsse oder Quellen besucht werden und mit dem besonders heilkräftigen Schneeschmelzwasser des Frühlings Waschungen der Frauen und Mädchen gemacht werden.

Rudolf Riege, Steinmühle an der Weser

Das Gegenteil ist der Brauch des Wasserscheibenschießens aus dem Salzburgischen. Hierbei wird das Wasser, genauer gesagt der Prebersee, Schattensee und der Großauer Teich, jeweils als Spielwiese für fröhlich-lautes Wettschießen verwendet. Diese Tradition geht auf die besondere Entdeckung zurück, daß stehendes ruhiges Wasser eine Kugel abprallen läßt, wenn der Einschußwinkel stimmt. So müssen die Schützen Scheiben treffen, die kurz oberhalb der Wasseroberfläche befestigt sind, indem die Kugel ins Wasser geschossen wird und dann erst auf die Zielscheibe trifft.

Ein weiterer Brauch ist das Lichterschwemmen aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck in Bayern. Diese Tradition geht auf die lauernde Gefahr der Überschwemmung der Amper zurück. Mit einem Gottesdienst am 13. Dezember wird die Heilige Lucia gebeten, die Häuser zu verschonen. Nach dem Gottesdienst werden Miniaturen der Häuser, beleuchtet mit Kerzen, auf die Amper gesetzt und treiben gelassen.

 Das Element Wasser beschäftigte die Menschen im Positiven wie im Negativen, und genauso sind auch die Bräuche. Die Faszination, dieses Element in der Natur in verschiedenen Aggregatzuständen, Farben und Formen zu erleben, veranlaßte die Menschen dazu, Göttliches in ihm zu sehen und in ihre Bräuche mit aufzunehmen.

Über die Autorin:

28 Jahre alt, Ehefrau, Mutter und Mitorganisatorin zweier großer Kulturveranstaltungen für die deutsche Jugend; aufgewachsen im Österreichischen Turnerbund und der Bündischen Jugend, Studium zur Volksschullehrerin, anschließend drei Jahre in der österreichischen Politik.

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