Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur.

Wikimedia Commons
Ferdinande von Schmettau opfert ihr Haar auf dem Altar des Vaterlandes 1813, von Gustav Graef

Starke Vertreterinnen des „schwachen Geschlechtes“im Kriegseinsatz

von Christoph Bathelt

Diskussionen über die Unterschiede zwischen den zwei Geschlechtern – die weiteren überlassen wir anderen Medien – gibt es schon lange und sehr intensiv. Dabei wird oft und gerne übersehen, wie reich gerade die deutsche Geschichte an herausragenden Frauen ist.

Schon die Römer betrachteten sie mit einer Mischung aus Bewunderung, Furcht und leichtem Gruseln. So schrieb Tacitus: „Die Germanen glauben sogar, in den Frauen sei etwas Heiliges und Vorhersehendes, deshalb verschmähen sie weder ihre Ratschläge noch vernachlässigen sie ihre Antworten.“ Die bekannteste Frau dieser Zeit ist Thusnelda, die Tochter des Cheruskerfürsten Segestes, welcher mit den Römern sympathisierte. Sie wurde von Hermann entführt und geheiratet. Nach dem Tod ihres Mannes wurden sie und ihr Sohn Thumelicus in einem Triumphzug durch Rom geführt. Obwohl man im Grunde nicht viel über sie weiß, wurde sie vor allem in der Neuzeit in patriotischen Kreisen sehr verehrt. Springen wir daher ganz pragmatisch ein paar Jahrhunderte weiter:
Liselotte von der Pfalz, die uns ein ungeschminktes Bild des französischen Hofes unter dem „Sonnenkönig“ lieferte, wurde Ahnfrau mehrerer europäischer Herrscher wie Franz I. Stephan, Joseph II., Leopold II. und Marie Antoinette sowie des „Bürgerkönigs“ Louis Philippe. Legendär sind die Herrscherinnen Maria Theresia und Katharina die Große, aber auch in Kleinstaaten spielten Frauen eine entscheidende Rolle, so die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, die kunstsinnige Schwester Friedrichs des Großen, oder Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach.

„Gold gab ich für Eisen“

Im Zuge der Befreiungskriege gegen Napoleon waren es dann – abgesehen von der hochverehrten und frühverstorbenen Königin Luise von Preußen – zunehmend Frauen aus dem Bürgertum, welche in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden: Die fünfzehnjährige Ferdinande von Schmettau war vom Aufruf „Gold gab ich für Eisen“ begeistert, lebte aber in bescheidenen Verhältnissen und hatte auch keinen Schmuck, den sie spenden konnte – so entschloß sie sich, ihr langes, blondes Haar abschneiden zu lassen und für zwei Taler an einen Friseur zu verkaufen, um diesen Betrag zu spenden.
Die Bremerin Anna Lühring und die Potsdamerin Eleonore Prochaska kämpften in Verkleidung als Eduard Kruse bzw. August Renz bei den Lützower Freiwilligen, wobei Prochaska den Tod fand. Am erfolgreichsten war Friederike Krüger im 9. Infanterie-Regiment aus Kolberg: Sie wurde aufgrund ihrer Tapferkeit lange von ihren Kameraden gedeckt; erst die hohe Stimme bei einem Angriff verriet die wahre Identität des Soldaten „August Lübeck“. Dennoch erhielt sie von König Friedrich Wilhelm III. persönlich die Genehmigung, weiterhin in ihrem Regiment zu verbleiben und wurde mit dem neugestifteten Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet, zudem wurde sie zur ersten und einzigen Unteroffizierin der preußischen Armee und nahm 1814 am Einzug der Alliierten in Paris teil.

„Leutnant Maria“ – von der Front auf die Operettenbühne

Ein derartiger Rollentausch war offenbar in Friedenszeiten seltener möglich – so ereignete sich der nächste bekannte Fall erst über fünfzig Jahre später: Maria Lebstück aus Agram wuchs in Wien auf und schloß sich 1848 unter dem Namen Karl Lebstück im Alter von 17 Jahren der Revolution an. Nach der Niederschlagung des Aufstandes floh sie nach Ungarn und kämpfte dort in einem Honvéd-Regiment, wo sie wegen besonderer Tapferkeit den Rang eines Oberleutnants erlangte. Als sie nach ihrer heimlichen Heirat schwanger wurde, bemerkte man das wahre Geschlecht von „Oberleutnant Karl“, weshalb man sie nach dem Ende der Revolution nach Kroatien auswies, während ihr Mann in Festungshaft verblieb, wo er er später verstarb. Über ihr spannendes Leben schrieb Jenő Huszka die Operette Leutnant Maria.

Ebenfalls eine Heldin der Revolution war Mathilde Hitzfeld, die sich beim Pfälzer Aufstand 1849 nicht nur am Barrikadenbau beteiligte, sondern im Kampf gegen die angreifenden preußischen Truppen selbst die schwarzrotgoldene Fahne schwang. Später zog sie mit ihrem Mann in die Vereinigten Staaten und wurde dort noch einmal in patriotischen Kreisen bekannt, als sie den deutschen Freiwilligen der Unionstruppen im Bürgerkrieg eine Fahne überreichte – mit den rot-weißen Streifen der Union und der deutschen Trikolore.

Friedlicher, aber nicht minder erstaunlich waren die weiblichen Unterstützer des Deutschen Schulvereins ab 1880: Durch die Gründung eigener Frauenortsgruppen bewiesen sie besondere Einsatzbereitschaft. Persönlichkeiten wie Fanny Diemer-Meißner, die heute noch mit einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof geehrt wird, war das enorme Wachstum des Vereines zu verdanken, auch durch unzählige Damenkränzchen, Bälle und anderen Wohltätigkeitsveranstaltungen. Dankbar bleibt auch das Andenken an Ethelfriede Thusnelda Viegel aus Budweis, die im Alter von sechs Jahren in der Zeit des Ersten Weltkrieges verstarb. Ihre trauernden Eltern schrieben der Vereinsleitung: „Mit fünf Jahren bat sie stets solange, bis sie in die Schulvereinsversammlungen der Sprachinsel mitgehen durfte, und manches Blümelein verkaufte sie an sonst nicht opferfreudige Bauern. Ohne unser Wissen sammelte sie und hinterließ in einer Büchse, die sie mit der Aufschrift ‚für den Schulverein‘ versehen hatte 6 K 74 h, kreuzerweise zusammengespart.“

„Nicht im Interesse des österreichischen Volkes“

Ebenfalls im Ersten Weltkrieg gelangt die Standschützin Viktoria Savs (1899-1979), das „Heldenmädchen von den Drei Zinnen“ zu großer Bekanntheit. Gemeinsam mit ihrem Vater war sie an der Dolomitenfront, anfangs heimlich, im Einsatz. Aufgrund der italienischen Kriegserklärung verlief die Einberufung sehr hektisch und chaotisch, und so mußte sie vor der Stellungskommission nicht die Hosen hinunterziehen. Sie überzeugte besonders mit ihrer Treffgenauigkeit beim Schießen. Die Phase der Heimlichkeit endete, als sie von Armeekommandant Erzherzog Eugen die Erlaubnis erhielt, mit der Waffe in der Hand als Meldegängerin und Lasttierführerin zu dienen. 1917 eskortierte sie alleine eine Gruppe von 22 italienischen Gefangenen nebst einem Offizier von der Front hinter die Linien.

Sie erhielt u.a. die Große Silberne Tapferkeitsmedaille, das Karl-Truppenkreuz, sowie das silberne Verdienstkreuz. „Ihr frisches Wesen, ihr ideal-patriotischer Geist, ihr steter Diensteifer und ihre bewundernswerte Unerschrockenheit boten für die Mannschaft immer ein gutes und und sichtlich eindrucksvolles Beispiel“, begründete ihr Kommandeur seinen Antrag. Den Sozialdemokraten Karl Renner beeindruckte das nach dem Krieg nicht, er lehnte den Antrag der Südtirolerin auf die Anerkennung als Staatsbürgerin ab – dies sei nicht im Interesse des österreichischen Volkes. Viktoria Savs absolvierte eine Ausbildung zur Buchhalterin und zur Schuhmacherin mit besten Ergebnissen. Zwanzig Jahre nach ihrem Tod wurde 1999 der Unteroffizierslehrgang der Heeresunteroffiziersakademie des österreichischen Bundesheeres nach ihr benannt.

In den 1930er-Jahren waren es dann auch Frauen, die sich mit neuen Technologien profilieren konnten und für die Propaganda ein gutes Bild abgaben: Die Fliegerinnen Hanna Reitsch und Elly Beinhorn sind an erster Stelle zu nennen. Die nur 1,50 Meter große Schlesierin Reitsch erflog mehr als vierzig Rekorde in allen Klassen und Flugzeugtypen. Die fanatische Hitler-Verehrerin war allerdings in keiner NS-Organisation Mitglied, weshalb sie nach dem Krieg auch als „unbelastet“ freigesprochen wurde. Elly Beinhorn wiederum wurde als Kunstfliegerin durch ihren Alleinflug nach Afrika im Jahre 1931 und durch eine Weltumrundung weltberühmt. Einen weiteren Rekord stellte sie durch das Überfliegen von zwei Kontinenten an einem Tag auf, indem sie vom schlesischen Gleiwitz nach Istanbul und zurück flog: 3.470 Kilometer in nur 14,5 Stunden. Großes Medieninteresse fand ihre Ehe mit dem Rennfahrer Bernd Rosemeyer, die leider zwei Jahre später mit dessen Unfalltod endete.

1941 gelang es Karl Valentins Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt, die sich in einer Lebenskrise befand, in einer Gebirgsjägereinheit der Wehrmacht unterzukommen. Als „Gefreiter Gustl“ kümmerte sie sich um die Tragtiere der Einheit, ihr Kompaniechef beförderte sie sogar zum Obergefreiten.

Wie man sieht, bieten alle Zeiten und Herausforderungen Möglichkeiten, über sich selbst hinauszuwachsen und persönliche Befindlichkeiten hintanzustellen. Das „große Ganze“ gibt es immer noch, und es hält Aufgaben für diejenigen bereit, die sich melden – so auch die Österreichische Landsmannschaft. Diese ist zwar in ihrer Mitgliederzahl nicht mehr mit dem Vorgänger Deutscher Schulverein gleichzusetzen, doch sowohl das jüngste als auch das älteste Mitglied mit 19 bzw. 95 Jahren sind Frauen!

Beitrag teilen

Facebook
X
Email
Telegram
Print
WhatsApp