Einmarsch in Paris 1814

von Mario Kandil

Kalendarium Kandili (34)

210 Jahre ist es her, daß am 31. März 1814 die Truppen der insgesamt 6. Koalition gegen Frankreich in Paris einmarschierten. Es war die Erwiderung jener Besuche, die Napoleon Wien 1805 und 1809, Berlin 1806 und Moskau 1812 abgestattet hatte. Die Mittelmäßigen hatten sich gegen den Genius verbündet, und dagegen war selbst dieser machtlos.

Nach Napoleons Rußlandkatastrophe 1812 hatten sich zuerst Russen und Preußen gegen ihn zusammengetan, doch der Korse hatte zum Frühjahr 1813 eine neue Armee aus dem Boden gestampft und seine Gegner geschlagen. Der Waffenstillstand, auf den er sich im Juni 1813 einließ, endete mit dem Übertritt Österreichs auf die Seite seiner Feinde. Das Ende der napoleonischen Herrschaft in Deutschland kam mit der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813. Bonaparte verlor auch alle anderen Teile Europas, die er beherrscht hatte, und mußte ab Anfang 1814 Frankreich gegen die Invasoren verteidigen. Doch all seine Kunst als Feldherr half nicht: Paris ging verloren, u. a. durch Verrat, und jetzt wollten auch seine Marschälle nicht mehr. Sie nötigten ihn zur Aufgabe und zur ersten Abdankung als Kaiser der Franzosen am 6. April 1814. Dieser Sturz aus höchster Höhe ließ ihn einen Suizid versuchen, den er jedoch überlebte.

Was Napoleon nun nur noch blieb, war die Herrschaft über die kleine Insel Elba. Er mußte zusehen, wie die Bourbonen auf den französischen Thron zurückkehrten und das Rad der Geschichte zurückzudrehen suchten. Was er am 26. Juni 1813 in Dresden zu Metternich gesagt hatte, hatte sich als wahr erwiesen: „Meine Herrschaft überdauert den Tag nicht, an dem ich aufgehört habe, stark und folglich gefürchtet zu sein.“

Die Sieger über Napoleon, die ihren Völkern auch jetzt keine Freiheit gaben, zimmerten 1814/15 auf dem Wiener Kongreß eine Ordnung, die in Europa zwar fast ein Jahrhundert weitgehenden Friedens schuf, doch denen, die Europa vom Franzosenjoch befreit hatten, keine Mitbestimmung beim Regieren brachte.

Angesichts von Plänen, ihn noch weiter weg zu schaffen, kehrte Napoleon im Frühjahr 1815 nach Frankreich zurück und nahm im Triumph seinen Thron wieder ein. Doch die Alliierten bekämpften ihn erneut, und nach seiner Niederlage bei Waterloo am 18. Juni 1815 und seiner zweiten Abdankung am 22. Juni war seine kometenhafte Laufbahn beendet. Sankt Helena brachte ihm das Land, das man nicht erobern kann: das Land des Leidens.

Über den Autor:

Dr. phil. Mario Kandil M.A., geb. 1965, studierte in Aachen Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte und Politische Wissenschaft und promovierte in Hagen. Nach langjähriger Tätigkeit im universitären Bereich und in der Erwachsenenbildung heute freier Historiker und Publizist. Forschungsschwerpunkte: Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons I. sowie der Nationalstaaten, Weltkriege und Kalter Krieg.

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