von Benedikt Kaiser
Kaisers Zone (13)
Der Axel Springer Verlag ist in der Bundesrepublik eine gesellschaftliche Macht. Boulevardblatt Bild, Tageszeitung Die Welt, Wirtschaftsportal Business Insider, dazu der Fernsehsender WeltN24 und vieles mehr: Man prägt den Alltagsverstand der Bundesdeutschen mit und zwar trotz sinkender Auflagenzahlen weiterhin in erheblichem Ausmaß.
Für oppositionelle Kräfte ist es dementsprechend wichtig zu wissen, wie die Entscheider dieses Medienimperiums denken, und was sie sagen. Aber auch: was sie äußern, wenn sie keine Kamera vor dem Gesicht haben, sondern „unter sich“ sind. „Vermeintlich“ unter sich, muß man ergänzen. Denn das ätzende Geschäft der „Leaks“, also der illegalen Veröffentlichung eigentlich privater Gesprächsverläufe, hat nun erneut – nach dem Fall Julian Reichelt – das Verlagshaus Axel Springer getroffen. Konkret: den „CEO“ Mathias Döpfner, also den Leiter der Leitung.
Döpfners Nachrichten sind direkt und impulsiv, sie waren nun mal nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Die Tonart läßt sich also entschuldigen, die Inhalte sind wenig überraschend. Glorifiziert wird, Axel-Springer-typisch, der „freie Westen“. So heißt es in einer Chatzeile: „free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs“. Während man gegen die „intoleranten Muslime“ ätzt, ist für Döpfner – erneut Axel-Springer-typisch – e i n Staat sakrosankt: „Zionismus über alles. Israel my country“. Letzteres gehört, wie die Neue Zürcher Zeitung süffisant kommentiert, „in den Redaktionen von Springer traditionell zu den Einstellungsvoraussetzungen“.
Bezüglich der Mittel- bzw. Ostdeutschen wiederum giftet Döpfner: „Die Ossis sind entweder Kommunisten oder Faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.“ Und weiter höhnt er über die Mitmenschen in der ehemaligen „Zone“: „Meine Mutter hat es schon immer gesagt. Die ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen ddr eine Agrar und Produktions Zone mit Einheitslohn machen.“ (Fehler im Original)
Bedenkt man die politischen Standpunkte Döpfners – transatlantisch, marktliberal, multikulturalistisch – kann das nicht verblüffen. Im Osten der BRD sind diese drei Grundpfeiler des erzliberalen Establishments weniger wohlgelitten als im Westen. Das macht den Zorn Döpfners verständlich. Und unsere Hoffnung, daß eben von der „Zone“ aus einst die politische Reformation des ganzen Deutschlands starten möge!
Über den Autor:
Benedikt Kaiser, Jg. 1987, studierte an der Technischen Universität Chemnitz im Hauptfach Politikwissenschaft. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lektor und Publizist. Kaiser schreibt u.a. für Sezession (BRD), Kommentár (Ungarn) und Tekos (Belgien); für éléments und Nouvelle École (Frankreich) ist er deutscher Korrespondent.