von Mario Kandil
Kalendarium Kandili (48)
In Sachen Souveränität sah es für die aus den drei westlichen Besatzungszonen hervorgegangene, seit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 bestehende Bundesrepublik Deutschland zunächst denkbar schlecht aus. Doch verbesserte sich in der Folge deren Lage – Ausdruck dessen war das Petersberger Abkommen vom 22. November 1949, das vor nunmehr 75 Jahren abgeschlossen wurde.
Dies geschah zwischen Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) auf der einen und den drei Hochkommissaren – John McCloy für die USA, Sir Brian Robertson für Großbritannien und André François-Poncet für Frankreich –, die den „Rat“ der von den Westalliierten am 8. April 1949 eingesetzten alliierten Hohen Kommission bildeten, auf der anderen Seite. Das Abkommen, das auf dem Petersberg bei Bonn unterzeichnet wurde und das die Resultate der Verhandlungen zwischen diesen beiden Seiten in zehn Punkten aufführte, erbrachte neben einem größeren Entgegenkommen der drei Westalliierten in verschiedenen Punkten besonders den für die BRD so wichtigen weitreichenden Stop der Demontagen. Damit bestätigte sich die von Adenauer in seiner Regierungserklärung vom 20. September 1949 geäußerte Auffassung, daß die BRD die Freiheit nur erlangen könne, wenn sie in Übereinstimmung mit der Hohen Kommission ihre Freiheiten und Kompetenzen schrittweise zu erweitern suche.
Doch mußte die Verbesserung der eigenen Situation durch die Aufgabe der ablehnenden Haltung gegenüber dem Ruhrstatut vom 28. April 1949 von der Bundesrepublik „erkauft“ werden: Westdeutschland mußte als Gegenleistung den Beitritt zu der durch das Ruhrstatut errichteten Internationalen Ruhrbehörde vollziehen, die die Produktion des Ruhrgebietes an Kohle, Koks und Stahl beaufsichtigte. Zudem mußte es dem Europarat beitreten, dem auch das von Deutschland abgetrennte und wirtschaftlich an Frankreich angeschlossene Saarland angehörte.
Zwar bewies Adenauer bei der Unterzeichnung des Abkommens viel Selbstbewußtsein, als auch er sich auf den nur für die Hochkommissare vorgesehenen Teppich stellte. Doch wurde er für den Abschluß des Abkommens vor allem von der SPD-Opposition, speziell von Kurt Schumacher, heftig kritisiert. Adenauer wurde der Verkauf nationaler Interessen vorgeworfen, da er für geringe Konzessionen einen hohen Preis gezahlt habe. Nicht zuletzt deshalb wurde er von Schumacher am 25. November 1949 im Bonner Bundestag als „Kanzler der Alliierten“ angegriffen.
Über den Autor:
Dr. phil. Mario Kandil M.A., geb. 1965, studierte in Aachen Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte und Politische Wissenschaft und promovierte in Hagen. Nach langjähriger Tätigkeit im universitären Bereich und in der Erwachsenenbildung heute freier Historiker und Publizist. Forschungsschwerpunkte: Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons I. sowie der Nationalstaaten, Weltkriege und Kalter Krieg.