150. Geburtstag von Louis Adlon

von Mario Kandil

Kalendarium Kandili (45)

Selbst in unseren Tagen, die in der Regel rasch vergessen, ist die Historie des Hotels Adlon immer noch ein Begriff. Louis Adlon, der es 1921 übernahm und bis zu seinem Lebensende führte, bleibt damit stets verbunden. Vor nun 150 Jahren, am 3. Oktober 1874, wurde er geboren.

Ludwig Anton Adlon – so hieß der Jubilar eigentlich – war das zweite von drei Kindern des Gastronoms und Hoteliers Lorenz Adlon, des Hotelgründers. Diesen bezeichnet der Spiegel als „bodenständig“ und „anpackend“, während das Magazin seinen Sohn Louis unterschwellig abwertend einen „eleganten Charmeur“ nennt. Das Grand Hotel Adlon sei die „Schule der Gigolos“ gewesen. Darüber hinaus sei Enrico Caruso dort von akutem Stimmverlust kuriert worden, Filmstars wie Pola Negri hätten für Skandale gesorgt, und Kaiser Wilhelm II. habe daselbst Staatsgäste bewirten lassen. In der Tat war das Hotel in den „goldenen Zwanzigerjahren“ bereits eine Legende und zog internationale Stars wie Josephine Baker, Charlie Chaplin und Marlene Dietrich an. Louis Adlon hatte in erster Ehe mit seiner Gattin Tilly fünf Kinder, ließ sich jedoch im November 1922 von ihr scheiden und vermählte sich mit der Deutsch-Amerikanerin Hedwig „Hedda“ Bürger. Unter der Ägide dieser beiden wurde das als Prestigebau für die Reichshauptstadt Berlin im Zeitraum 1905 bis 1907 erbaute Grand Hotel bürgerlicher.

Unter alliierter Herrschaft in Berlin endete 1945 die Historie des Hotels, das Lorenz Adlon begründet hatte. Im selben Jahr brannte es nieder, und die Sowjets enteigneten 1949 die Familie Adlon, denn es habe sich bei ihnen um Nationalsozialisten gehandelt: Louis Adlon und seine zweite Ehefrau Hedda waren Mitglieder der NSDAP gewesen. Louis Adlon wurde von den sowjetischen Besatzern verhaftet, verschleppt und starb unter nicht geklärten Umständen am 7. Mai 1945. Hedda fand seinen Leichnam und sorgte für dessen provisorische Bestattung, ehe er später auf dem Domfriedhof St. Hedwig in Berlin begraben wurde.

1995 bis 1997 wurde das Hotel Adlon neu erbaut: Die Kempinski AG hatte das Grundstück, auf dem das Hotel früher stand, nach dem Mauerfall gekauft. Zwar wollte die Familie Adlon das Grundstück für sich zurückerhalten, doch das zuständige Landesamt lehnte das 1997 ab. Die Klage der Familie dagegen scheiterte 2022 vor dem Verwaltungsgericht Berlin: Die „NS-Vergangenheit“ von Louis Adlon gab den Ausschlag dafür.

Über den Autor:

Dr. phil. Mario Kandil M.A., geb. 1965, studierte in Aachen Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte und Politische Wissenschaft und promovierte in Hagen. Nach langjähriger Tätigkeit im universitären Bereich und in der Erwachsenenbildung heute freier Historiker und Publizist. Forschungsschwerpunkte: Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons I. sowie der Nationalstaaten, Weltkriege und Kalter Krieg.

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